Google Scholar: Neue Open-Access-Funktion

Im März hat Google Scholar die Funktion „Public access“ in Google-Scholar-Profilen integriert. Anliegen ist es, so Google, Forschende bei der Umsetzung von Open-Access-Policies („public access mandates“) zu unterstützen.

In Google Scholar sind nun die Open-Access-Policies von 182 Förderorganisationen und wissenschaftlichen Einrichtungen hinterlegt (Stand: 09.04.2021). Aus Deutschland u. a. die Open-Access-Policies der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Fraunhofer-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft und der Leibniz-Gemeinschaft.

Wie so oft bei Google Scholar ist das Verfahren eine Blackbox, d.h. wir können nur vermuten wie Google die „Public access“-Funktion im Detail umsetzt. Ein lesenswertes Interview hierzu mit Anurag Acharya, einem der Köpfe hinter Google Scholar, findet sich in Nature.

In diesem Interview wird der Ansatz der „Public access“-Funktion deutlich: Automatisiert werden die „Funding Acknowledgements“ in Papers mit den Policy-Informationen abgeglichen. Ist ein Artikel nicht frei im Web auffindbar, erscheint ein Hinweis in der „Public access“-Sektion in dem Google-Scholar einer/eines Autor*in. Die Auffindbarkeit bezieht sich dabei nicht nur auf Open-Access-Repositorien und Verlagsportale, sondern auf jegliche von Google indexierte Verzeichnisse im Web. 

Offenbar wurde die Funktion langsam ausgerollt. Seit einigen Tagen findet sich die Funktion auch in dem Back-End meines Google-Scholar-Profils. Folgender Screenshot zeigt die „Public access“-Funktion in meinem Profil:

Screenshot: Anzeige der „Public access“-Funktion im Google-Scholar-Profil

Per Klick auf die Funktion landet man auf einer Webseite, die Artikel listet, die laut Google Scholar durch eine Open-Access-Policy tangiert sind. In meinem Fall sind dies, so Google, 14 Veröffentlichungen. Zu jeder der Publikationen wird eine Leit- oder Richtlinie („Mandate“) angezeigt (siehe Screenshot).

Screenshot: Liste der Publikationen, die so Google Scholar, durch eine Open-Access-Policy tangiert sind

In meinem Fall waren bereits alle von Google identifizierten Publikationen frei zugänglich. Die Auswahl der 14 Paper und ihre Zuordnung zu den Open-Access-Policies überrascht jedoch und zeigt die Schwäche der neuen Funktion. Der automatisierte Abgleich der Angaben zu den Förderorganisationen und wissenschaftlichen Einrichtungen scheint wenig verlässlich. So erscheint in meiner Liste z. B. dreimal die National Institutes of Health (NIH) als Förderorganisation, obwohl ich bisher noch nie in einem von den NIH geförderten Projekt involviert war. Auch kann ich die Auswahl der 14 Paper nicht nachvollziehen. Somit scheint weder die Zuordnung noch die Auswahl verlässlich.

Zu hoffen ist, dass sich solche Fehler, die bei sprachbasierten Verfahren wenig überraschend sind, in Zukunft durch das Research Organization Registry (ROR) und dessen persistenten Identifikator für wissenschaftliche Einrichtungen und Förderorganisationen erledigen. (Siehe dazu unsere Arbeiten im ORCID-DE-Projekt.)

Auch irritiert es, das Google statt dem weltweit gebräuchlichen Term „Open Access“ den Begriff „Public access“ verwendet. Dieser ist zwar in den USA durch eine Verordnung der US-Regierung zu Open Access aus dem Jahr 2013 gängig, aber international kaum verbreitet.

Mehrere Kolleg*innen weisen kritisch darauf hin, dass Google Scholar, im Falle eines nicht frei zugänglichen Artikels, seine Dienst Google Drive als Alternative zu Open-Access-Repositorien bewirbt. Diesem Hinweis von Google sollte man besser nicht folgen und sich anstelle an seine lokale Bibliothek wenden. Die Bibliothekar*in wird sicher ein passendes Repositorium empfehlen können und eine/einen Autor*in im Idealfall auch gleich bei der Rechteprüfung unterstützen.

Die Google-Scholar-Funktion kann dazu beitragen wissenschaftliche Autor*innen für Open Access zu sensibilisieren, auch wenn die Angaben von Google Scholar nur bedingt belastbar scheinen. Auch zeigt die Funktion, dass die Relevanz der Compliance von Open-Access-Förderbedingungen steigt. Hierzu passt auch der Einstieg von Förderorganisationen in das Verlagswesen, wie es jüngst die Europäische Kommission mit ihrer Open-Access-Zeitschrift „Open Research Europe (ORE)“ tat. Die Europäische Kommission stellt mir ORE eine Plan-S-konforme Publikationsplattform bereit. Die Zeitschrift richtet sich an Forschende, die Ergebnisse aus EU-geförderten Projekten publizieren.

Open Science: Parteipositionen zur Europawahl 2019

Am 26. Mai 2019 findet die Europawahl 2019 statt. Einige der Parteien adressieren das Thema Open Science in ihren Wahlprogrammen. Hier einige Auszüge aus den Wahlprogrammen von CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke mit Fokus auf die Themenfelder Open Access, offene Forschungsdaten und das Wissenschaftsurheberrecht.

CDU/CSU

Im Wahlprogramm (PDF) von CDU/CSU finden sich keine konkrete Aussagen zu den genannten Themen. Folgende Forderungen streifen jedoch das Thema Open Science:

  • Zudem wollen wir die europäischen öffentlichen National- und Staatsbibliotheken unter dem Dach einer europäischen digitalen Bibliothek noch besser vernetzen.“ (S.10)
  • „Wir sagen den großen Volkskrankheiten den Kampf an. Krebs und Alzheimer sollen bald der Vergangenheit angehören. Das können wir schaffen, indem wir unsere Kräfte in Europa bündeln. Mit einem Masterplan werden wir die Forschungsgelder zielgerichtet einsetzen sowie medizinische Forschung und Big Data zusammenbringen.“ (S. 12)

SPD

In ihrem Wahlprogramm (PDF) fordert die SPD eine „[e]uropäische Cloud für offene Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Forschung und Entwicklung der Wirtschaft“ und adressiert in diesem Zusammenhang die hier behandelten Themen:

  • „Europäische Cloud für offene Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Forschung und Entwicklung der Wirtschaft. Angesichts neuer Herausforderungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft wollen wir eine europäische Cloud aufbauen, durch die Forschungsergebnisse, Forschungsdaten und Dateninfrastruktur frei zugänglich gemacht wird. Das ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Nutzung von maschinellem Lernen und Big Data Analytics.“ (S. 46)

FDP

Die FDP widmet sich in ihrem Wahlprogramm (PDF) den Aspekten Open Access und Open Data. Dazu heißt es mit Blick auf die Wissenschaft:

  • Auf Basis des europäischen Forschungs-Rahmen-Programms „Horizont Europa“ muss ein digitaler Austausch unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern jederzeit gewährleistet werden. Hierzu gehören die dezentrale Bereitstellung von Materialien für Open Data und die digitale Durchführbarkeit von PhD- oder anderen Forschungsprojekten. In diesem digitalen europäischen Netzwerk für Wissenschaft und Forschung muss der Schutz des geistigen Eigentums gewahrt bleiben. Gleichzeitig wollen wir die Verfügbarkeit von wissenschaftlichen Ergebnissen, die mehr als 50 Prozent durch europäische Forschungsförderung finanziert wurden, durch Open Access zum Standard machen. Schutz von geistigem Eigentum und Nutzungsrechten der Forscher, Institute und forschenden Wirtschaft bleiben hiervon unberührt. Dies verbessert die stark begrenzte Verfügbarkeit, besonders die zu hohe Schwelle zwischen Wissenschaft und wirtschaftlicher Innovation und macht die europäische Forschungsförderung zu einem Beschleuniger im internationalen Wettbewerb.“ (S. 46)

Grüne 

Open Access und Co. werden im Wahlprogramm (PDF) der Grünen im Kontext von „Horizon Europe“ behandelt:

  • „Auch ist es uns wichtig, Forschungsergebnisse durch das gezielte Fördern von Open-Access-Publikationen allen frei zugänglich zu machen. Dazu wollen wir etwa Projekte wie cOAlition S, die öffentlich geförderte Publikationen frei zugänglich machen, auf europäischer Ebene vorantreiben.“ (S. 166)

Linke

Im Wahlprogramm der Linke (PDF) gibt es einen ganzen Abschnitt zum Thema „[f]reier Zugang zu Wissen und Informationen“. Open Access und das Wissenschaftsurheberrecht werden mehrfach adressiert. U .a. heißt es in dem Wahlprogramm:

  • „Wir fordern eine europäische Open-Access-Initiative. Das europäische Urheberrecht soll wissenschaftsfreundlich gestaltet werden. Der Wissenstransfer in ärmere Regionen innerhalb und außerhalb Europas soll ausgebaut werden – etwa durch offene Publikationsformen und Datenbestände, aber auch eine sozial verantwortliche Lizenzierungspolitik. Um der Monopolstellung und dem Profitstreben einiger Wissenschaftsverlage entgegenzuwirken, wollen wir auf europäischer Ebene eine öffentlich geförderte Open-Access-Plattform schaffen, damit öffentliche Publikationen unabhängig von Verlags- und Lizenzstrukturen gelingen können.“ (S. 55)
  • „Im Rahmen der EU-Urheberrechtsreform sind die bisher ausgehandelten Ausnahmen für Bildung, Kultur und Forschung sowie die out-of-commerce-Regelung für verwaiste Werke umzusetzen, damit endlich mehr Rechtssicherheit zum Beispiel für die Speicherung, Kulturforschung, die digitale Präsenz von Sammlungen und Archiven sowie für Bibliotheken in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden können.“ (S. 57)

Rafael Ball: Inkompetenz an kompetenter Stelle

Als der Schriftsteller Franz Hohler gefragt wurde, was ihn selbst in seinem Alter noch zornig mache, antwortete er: „Inkompetenz an kompetenter Stelle“. Ich glaube viele können sich zurzeit gut vorstellen was Hohler damit meint. Diverse undifferenzierte Äusserungen des ETH-Bibliotheksdirektor Rafael Ball, insbesondere im Interview Weg mit den Büchern! (NZZ am Sonntag) und dem Nachtrag in SRF Kultur sorgten für eine wohl noch nie dagewesene Empörungswelle in der Schweizer Bibliotheksszene und darüber hinaus. Inzwischen gibt es diverse Reaktionen, darunter auch eine Beschwerde des Berufsverbandes BIS an die Leitung der ETH Zürich.

Viele dürften sich spätestens jetzt gefragt haben, wie jemand mit so wenig Gespür für die Verantwortung seines Amtes,  und mit solch unqualifzierten, überheblichen und vorallem destruktiven Äusserungen, als ETH-Bibliotheksdirektor eingestellt werden konnte?

Erstaunlich ist die Selektion von Ball auch deshalb, weil seine Haltung zum wichtigen Thema Open Access nicht zu den Anforderungen der ETH passt. Bald ist es nämlich zehn Jahre her, seit Konrad Osterwalder als Rektor der ETH Zürich die Berliner Erklärung unterzeichnet hat, und damit der freie Zugang zu Forschungsergebnissen der ETHZ als strategisches Ziel definiert hat.

Wie wir inzwischen wissen, ist in der Ära Neubauer hinsichtlich OA zu wenig passiert. Die massiven Ausgaben an die Subskriptionsverlage stiegen permanent und das Repository der ETHZ weist so wenig frei zugängliche Zeitschriftenartkel auf, als dass man den grünen Weg bei der ETHZ als gescheitert betrachten muss. Einzig beim Funding von Gold OA ist die ETHZ einigermassen mit den internationalen Entwicklungen auf der Höhe. Grundsätzlich hätte man sich da eine kompetentere und aktivere Nachfolge gewünscht. Stattdessen wird ausgerechnet Ball eingestellt, welcher von Klaus Graf bereits vor zehn Jahren als „der dezidierteste Open-Access-Feind in der Reihe der deutschen Bibliothekare“ entlarvt wurde.

Ball’s Open Access Vorstellung von 2006

Bereits im Jahre 2006 äusserte sich Rafael Ball, damals noch Leiter der Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich, in einem Artikel (Green Road – Golden Road: Open Access – The Road to Hell?) gegen die Wichtigkeit von Open Access. An begründeter und deutlicher Kritik fehlte es auch damals nicht:

Klaus Graf: Rafael Balls Irrtümer:

Balls Versuch einer Entzauberung des OA-Mythos ist ein ausserordentlich schwaches Pamphlet, das man ignorieren sollte.

Jürgen Lübeck: Open Access – The Road to Hell?:

Ich fasse für mich zusammen, dass der Herr Ball Argumente, Schein-Argumente, Vorurteile, Ignoranz und Halbwahrheiten zu einem Hohelied auf die Produktionsweise der etablierten Verlage arrangiert hat.

Jürgen Plieninger: OA angeblich nicht allein selig machend

Alles in allem: Ein [..] beachtenswertes Konvolut eines Leiters einer Spezialbibliothek, welcher vermutlich genug für seinen Erwerbungsetat bekommt, um keine Nöte spüren zu müssen und wenig Ahnung davon hat, wie es an Hochschulen aussieht. Die Schere zwischen sinkenden Etats und steigenden Zeitschriftenpreisen, welche er im Vorübergehen lässig erwähnt, sie würgt, würgt, würgt!

Ball’s Open Access Vorstellung von 2016

Zehn Jahre später legt Ball, nun mittlerweile Direktor der ETH-Bibliothek, mit einer erneuten Polemik gegen Open Access nach: „Total Open Access: the new gospel of scientific communication

Auch dieser Text ist auf einem solch unterirdischen Niveau, dass man ihn gerne ignorieren wollte, stammte er nicht von jemanden, von dem man aufgrund seines Amtes mehr erwartet.

Gehen wir Ball’s neuestes Pamphlet (Zitate in blau)  doch kommentierend vollständig durch:

Einleitung

Scientific communication has evidently hit a brick wall. A growing number of scientists are publishing an increasing number of results and findings from research all over the world. Never before has the output from scientific publications been so great.

As some publishers of journals exploit their market position and pitch subscription prices as if they hold the monopoly, however, many libraries are no longer able to afford these publications. In the so-called journal crisis, which began around 15 years ago, the mounting calls among librarians for free access to scientific information mirrored the soaring subscription fees.

Soweit so gut.

Unklare Definition: „Total Open Access“

The basic idea behind the golden path of open access is to reverse the paying conditions: under the ‚author pays‘ model, it is no long the subscribers to a journal (such as libraries) who pay, but rather the scientist who submits the paper to the journal.

This fee already has a name: the article processing charge (APC). The APC can be anything up to USD3,000 per article, depending on the publisher. The information should then be freely accessible everywhere – for all journals worldwide! Some refer to it as ‚pay science‘, others a revolution in scientific communication. I call it ‚Total Open Access‘.

Hier fängts schon an: „Author Pays“ ist im allgemeinen Fachverständnis nur eine Möglichkeit von Gold OA. APC’s, welche man in Fachkreisen schon mindestens seit sechs Jahren so bezeichnet, sind zudem nicht auf 3000$ begrenzt. Die American Geophysical Union verlangt z.B. $3500. Nature Communication gar $5200.

Der mir völlig unbekannte Begriff „Pay Science“ liefert auf Google mit der Kombination Open Access gerade mal 238 Resultate, welche zudem nicht zum Kontext passen. Ball bezieht sich hier offenbar auf ganz exotische Referenzen.

Es ist weiter nicht klar was Ball genau mit Total Open Access meint. Ich schätze wohl die Vorstellung, dass alle wissenschaftliche Zeitschriftenartikel frei zugänglich werden oder sind. Weil Ball aber völlig verwirrend zuerst das Gold OA Author-Pays Modell aufführt, meint er vielleicht auch die Vorstellung das alle Artikel aller Zeitschriften über APC finanziert werden. Möglicherweise bezieht sich Ball auch auf den zurzeit viel beachteten Vorschlag der MPDL das klassische Subkriptionsmodell zu ändern.

Bibliotheken haben mit Änderungen im Publikationswesen nichts zu tun.

The astonishing thing is that all these proposals stem from the very group least affected by the upheaval in publication conditions: librarians. After all, how and where scientists publish their results had never interested anyone in the libraries. But if libraries suddenly decide on the form of scientific communication and look to dictate how the scientific community should publish, this takes on a new quality. And a very negative one at that.

Wieder ist völlig unklar was Ball mit „all these proposals“ meint. Referenzen sind bei solchen Verkürzungen kein Luxus sondern Pflicht, wenn man beabsichtigt verstanden zu werden.

Wieso Bibliothekare nicht von den Änderungen im Publikationswesen betroffen sein sollten leuchtet mir in dieser Formulierung jetzt auch nicht ein. Schliesslich sind Bibliothekare für das Bezahlen des jetztigen Systems verantwortlich. Wieso sollten sie am wenigsten betroffen sein?

Zu behaupten, Bibliotheken interessierten sich noch nie, wo Forschende publizieren, ist in der Tendenz sicherlich zutreffend, aber in der pauschalisierenden Zuspitzung schlicht falsch. Bibliothekare die sich für Open Access einsetzen, versuchen schon seit längerem das Publikationsverhalten zu verstehen und AutorInnen für Open Access (Green und Gold) zu gewinnen. Wie es übrigens auch in der Berliner Erklärung vorgesehen ist, welche ja auch von der ETHZ unterzeichnet wurde.

Zumindest für die Schweiz kann ich beurteilen, dass es noch nie einen Zwang gab in OA-Journals zu publizieren und ich wüsste auch nicht wer sowas fordert.

Kompromisslose Open Access Initiativen

The latest open access initiatives tend to come across as a new ideological movement of the post-1968 generation: unyielding, one-sided and unwilling to compromise.

Auch hier ist völlig unklar auf welche OA Initiativen sich Ball bezieht. Es gibt inzwischen unglaublich viele Aktivität in vielen Bereichen von Open Access aus unterschiedlichen Richtungen mit unterschiedlichen Mitteln und teils auch mit unterschiedlichen Zielen. Offenbar stört sich Ball daran, dass sich Leute vehement für Open Access einsetzen, weshalb das schlimm sein soll, bleibt unklar.

Open Access ist doch nur eine Ersatzreligion von gedemütigten Bibliothekaren!

Mit folgender Passage verhöhnt Ball zunächst mal alle Bibliothekare die sich seit Jahren ernsthaft und mit sehr guten Gründen um Open Access bemühen:

Moreover, the open access gurus succumb to the illusion of simply wanting to replace an existing market-based system of scientific communication. It degenerates into a pure surrogate religion of insulted and humiliated librarians. The movement has its priests, its pilgrimages and its own Holy Grail.

The new gurus travel up and down the country preaching free access to information and knowledge. And they have already reached the long march through the institutions.

Das ausgerechnet Ball die Open Access Bewegung in einen religiösen Kontext stellt und damit die Ernsthaftigkeit des Anliegens ins Lächerliche zieht, hat zumindest etwas ironisches. Schliesslich ist es doch gerade er, der sich ständig mit viel missionarischem Eifer, aber umsoweniger Qualifikation, sich als ein in die Zukunft blickender Guru  („weil ich natürlich sehe, was in 10, 20, 30 Jahren passiert„)  und „begnadeter Vordenker“ präsentiert, dem nun alle zu glauben hätten.

Bitte nicht das nachhaltige und zuverlässige Subskriptionsmodell zerstören!

Im folgenden Abschnitt schiesst Ball nun den Vogel komplett ab:

After all, neither the libraries nor science benefit from the result of Total Open Access. Not only does it destroy established, reliable and sustainable structures of information supply and security; it also offers scientific communication up as fair game on the internet.

Ball’s Verständnis von nachhaltig ist schlicht realitätsverweigernd. So schrieb doch Neubauer im Jahre 2012 ganz unmissverständlich:

Seit vielen Jahren werden Universitäten und ihre Informationseinrichtungen von einem Thema verfolgt: Die Zeitschriftenpreise steigen stetig und offensichtlich unaufhaltsam. Häufig erhöhen sich die Preise in nur wenigen Jahren mit Raten von 50 bis 60%. 8% pro Jahr sind die unangenehme Realität. Für die ETH Zürich ist dies deshalb besonders unerfreulich, als in den Technik- und Naturwissenschaften Zeitschriften das bevorzugte Medium für die wissenschaftliche Kommunikation sind.

Aber Ball’s Sorgen bei einem Umstieg auf „Total Open Access“ gehen noch weiter:

For anyone who no longer concludes contracts for the purchase of contents will have to rely on the fact that everything is freely available on the web in future. And this is not how scientists or the majority of librarians envisaged a professional information supply.

Vermutlich bezieht sich Ball hier auf das Risiko (First-mover disadvantage), welches eine Institution eingeht, wenn sie das Geld von Subskriptionen und zu Gold OA verlagert, wie ich es kürzlich für die ETHZ für die Verlage Elsevier, Springer und Wiley als Möglichkeit skizzenhaft vorgerechnet habe. Ein solches Argument gegen eine Umstellung ist aus mehreren Gründen Unsinn und zeigt, wie wenig Ahnung Ball von den aktuellen Entwicklungen im OA-Bereich hat.

  1. Das Problem von dem Ball Angst hat besteht heute ja längstens schon und wird immer grösser. Das sagt er ja bei der Einleitung selber. Unglaublich viele Wissenschaftler müssen aus finanziellen Gründen darauf hoffen, dass andere ihre Forschung frei zugänglich machen. Das betrifft ja nicht nur Drittweltländer, sondern auch schon schlicht ein kleines Stadtspital in der Schweiz, in welchem Ärztinnen u.a. auf die Forschung von Schweizer Hochschulen zugreifen möchten.
  2. Wie Offsetting-Agreements von anderen Ländern (NL, UK, AT) zeigen, ist ein institutioneller/nationaler Wechsel auf Gold-OA bei gleichzeitigem Zugriff auf Subskriptionen möglich.
  3. Durch ein weltweites koordiniertes Vorgehen, wie es zurzeit durch die MPDL skizziert und an der Berlin 12 thematisiert wurde, kann das Risiko des „First-mover disadvantage“ weiter reduziert werden. Bei SCOAP³ hat es auch funktioniert.

Nichts gegen Open Access und gegen Bibliotheken, aber..

Just to clarify: I am not against open access and I am not against new forms of scientific communication. And I am certainly not against libraries and librarians.

Okay, dass muss man ja schon explizit sagen, denn es ist ja im vorhergehenden Text implizit nicht ersichtlich. Ball könnte es ja auch mal mit Argumenten oder – wie in der Schweiz besonders gerne gesehen – mit Taten zum Ausdruck bringen.

What gets my goat, however, is the vehemence with which open access missionaries not only proclaim their gospels, but also want to implement them. What appalls me is how the entire industry is painted as black and white, and the fact that librarians want to decide for the whole of science here.

Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen dieser Abschnitt stamme von einem Vertreter von Elsevier. Es ist ja schon fast rührend wie Ball sich um das Image der Verlagsindustrie kümmert, von denen ja allgemein bekannt ist, dass sie sich ja keine Lobbyisten leisten können. Ob Ball vielleicht auch einige Elsevier Aktien hat?

Ich weiss auch nicht, was Ball mit schwarz und weiss malen meint. Schliesslich ist er es doch, der die Verlage zunächst pauschal als Gauner bezeichnet und gleichzeit sagt „Die Verlage leisten einen Mehrwert und müssen dafür etwas bekommen“.

Ich für meinen Fall, habe in der Verlagsbranche durchaus sehr vernünftige Leute kennengelernt und habe nicht a priori etwas gegen Verlage. Man muss aber doch schon zu Kenntnis nehmen, das Gold OA als Geschäftsmodell funktioniert, denn die allermeisten grossen Verlage haben ja beides im Angebot. Es ist deshalb schwer nachvollziehbar – und weder Ball, noch die Verlage liefern da gute Gründe – weshalb akademische Bibliotheken, welche für 75% für den Umsatz von Subskriptionsverlage im STM-Bereich verantwortlich sind, nicht einen sofortigen Wechsel einfordern sollten oder könnten.

Der behauptete Gegensatz zwischen Bibliotheken und Wissenschaft scheint mir, wenn schon umgekehrt zu existieren. Wären Forschende besser und transparent über die Kosten und Probleme des heutigen System informiert, würde OA vielleicht schneller implementiert sein als jetzt. Siehe Beispiel Lingua.

Total Open Access ist nicht fair!

Ball endet mit einer nichtssagenden Floskel.

Open access as one of many options for shaping scientific communication is a serious and important issue that everyone involved needs to work upon. But total open access as a new gospel for the ground libraries have lost is simply not on. And it certainly is not ‚devoid of alternatives‘ for a fair and contemporary reorganisation of the publication and communication conditions in science and research.

Fazit

Ich habe selten so ein oberflächlichen und wirren Text über Open Access gelesen. Gewiss kann man unterschiedlicher Meinung sein wie Open Access erreicht werden soll (Präferenz auf Gold, Green, Hybrid, Höhe von APCs etc.) und diese Diskurse werden durch Experten mit guten Argumenten geführt. Doch Ball signalisiert in diesem Text nur, dass ihm gar kein Open Access am liebsten wäre. Er erwähnt an keiner Stelle, nicht einmal andeutungsweise, was denn aus seiner Sicht die Alternative wäre (ausser nichts zu tun). Schlimmer noch, er sympathisiert ganz offen mit völlig absurden Argumenten mit den Subskriptionsverlagen. Die bewusste Ignoranz, mit der Ball schon nur die ökonomischen Probleme des heutigen Systems negiert, wie schon zehn Jahre zu vor, ist völlig verantwortungslos und unangemessen für den Posten eines ETH-Bibliotheksdirektor.

Man mag sich fragen, was Ball antreibt so ganz „ohne Not“ eine plumpe Schmähschrift gegen Open Access zu schreiben?

Nun, ich weiss zumindest durch diverse extrem unsympathische Reaktionen im Nachgang zur Offenlegung der Subskriptionskosten der ETHZ, dass Ball sich gewaltig darüber genervt hat. Ich schätze er hat sich den lang ersehnten Wechsel von Regensburg nach Zürich in die „andere Liga“ etwas anders vorgestellt. Dass in der Schweiz auf höchster Ebene die Sensibilität bezüglich Subskriptionskosten und Open Access gewachsen ist, bringt Ball in einen unangenehmen Zugzwang, den er nun zu gerne von sich weist. Denn nun wird früher als erwartet offensichtlich, dass Ball sich in den letzten Jahren so sehr darauf fokussiert hat ein „begnadeter Vordenker“ werden zu wollen, dass er es völlig verpasst hat einer zu sein. Also konzentriert sich Ball auf das wenige, was er wirklich gut kann: Provokation und Selbstdarstellung.

Bund und Länder richten „Rat für Informationsinfrastrukturen“ ein

Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat am 22. November 2013  die Einrichtung eines Rates für Informationsinfrastrukturen beschlossen. Die Einsetzung des Gremiums geht auf eine Empfehlung des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2012 zurück.

Auszug aus der Pressemitteilung (PDF) der GWK:

„Um die vorhandenen vielfältigen Aktivitäten in diesem Bereich besser aufeinander abzustimmen und sie miteinander zu verzahnen, hat die GWK heute beschlossen, einen Rat für Informationsinfrastrukturen zunächst als vierjähriges Pilotprojekt einzurichten. [..] Der Rat soll sich auf der Systemebene den strategischen Zukunftsfragen dieses Wissenschaftsbereiches widmen, die Selbstorganisationsprozesse in der Wissenschaft stärken und Möglichkeiten zur Kooperation von Einrichtungen/Initiativen ausloten. Er wird Wissenschaft und Politik in Fragen der Weiterentwicklung der Informationsinfrastrukturen beraten. Dem 24-köpfigen Gremium sollen sowohl Nutzer und Betreiber von wissenschaftlichen Informationsstrukturen als auch öffentliche Zuwendungsgeber angehören. Die Finanzierung des Rates erfolgt gemeinsam durch Bund und Länder.“

Nature-Ausgabe zur Zukunft des wissenschaftlichen Publizierens

cover_natureDie aktuelle Ausgabe der Nature (495(7442)) beschäftigt sich in mehreren interessanten Artikeln mit der Zukunft des wissenschaftlichen Publizierens. Themen sind u.a. Open Access, Lizenzierung (Creative Commons), „Predatory Publishers“, Altmetrics und Data Librarianship. Das Editorial unter dem Titel „A New Page“ gibt einen Überblick über die Artikel der Ausgabe:

  • Butler, D. (2013). Investigating journals: The dark side of publishing. Nature, 495(7442), 433–435. doi:10.1038/495433a
  • Darnton, R. (2013). Q&A: Knowledge liberator. Nature, 495(7442), 447–447. doi:10.1038/495447a
  • Monastersky, R. (2013). Publishing frontiers: The library reboot. Nature, 495(7442), 430–432. doi:10.1038/495430a
  • Pincock, S. (2013). Publishing: Open to possibilities. Nature, 495(7442), 539–541. doi:10.1038/nj7442-539a
  • Priem, J. (2013). Scholarship: Beyond the paper. Nature, 495(7442), 437–440. doi:10.1038/495437a
  • Swan, A. (2013). Advocacy: How to hasten open access. Nature, 495(7442), 442–443. doi:10.1038/495442a
  • Van Noorden, R. (2013). Open access: The true cost of science publishing. Nature, 495(7442), 426–429. doi:10.1038/495426a
  • Wilbanks, J. (2013). A fool’s errand. Nature, 495(7442), 440–441. doi:10.1038/495440a

(Crosspost von ALBERTopen)

Verlag verklagt Bibliothekar auf 3 Millionen US-Dollar

Unglaublich: Dale Askey, der auch in Deutschland kein Unbekannter ist, wird von der Edwin Mellen Press wegen eines kritischen Blogpost aus dem Jahr 2010 mit einer 3 Millionen US-Dollar Verleumdungsklage überzogen.

Der Blogpost, der mittlerweile offline ist, befasst sich mit der Geschäftspraxis des Wissenschaftsverlags. Bemängelt wird die Qualität der Publikationen. Eine Kopie des Artikels vom 30.06.2011 im Internet Archive weist 40 Kommentare nach, in denen der Verlag und die bibliothekarische Erwerbungspraxis diskutiert werden.

Die Klage wird in der Blogosphäre als Angriff auf die akademische Freiheit gewertet. Auch der Arbeitgeber von Dale Askey, die kanadischen McMaster University,  hat ein Statement veröffentlicht, in welchem die Klage verurteilt wird:

„The University will continue to rigorously defend its commitment to academic freedom and freedom of speech as the case proceeds before the courts.“

Eine Petition auf change.org steht zur Unterschrift bereit. Unterschriften aus dem deutschsprachigen Raum schaden ganz sicher nicht! (Der Blog auf dem Artikel veröffentlicht wurde entstand im Rahmen von Askeys Professur an der HTWK Leipzig.)

Lesenswerte Beiträge zum Hintergrund gibt es u.a. auf Academic Librarian und Inside Higher Ed. Darüber hinaus lohnt sich auch ein Blick auf Askeys Twitter Account.

via Archivalia und Boing Boing.

Bundesrat: Open Access fördert Leistungsfähigkeit und Innovation

irights.info weist auf die jüngsten Beschlüsse des Bundesrates zum Thema Urheberrecht hin. In seiner Sitzung vom 12.10.2012 empfiehlt der Bundesrat die Entfristung des zum Ende des Jahres auslaufenden Paragraphen 52a UrhG. Der Paragraph regelt die Zugänglichmachung urheberrechtsgeschützter Materialien in elektronischen Semesterapparaten. Der seit 2003 im Urheberrecht verankerte Paragraf wurde von Bildung und Wissenschaft wiederholt als unzureichend kritisiert. Ein ersatzloser Wegfall des Paragrafen würde Wissenschaft und Bildung in das Steinzeitalter zurückfallen lassen. Der Bundesrat stellt dazu nun fest:

„Im Interesse der Stärkung des Bildungs- und Wissenschaftsstandorts Deutschland muss § 52a UrhG dauerhaft entfristet und dazu § 137k UrhG ersatzlos gestrichen werden.“ (BR-Drs. 514/1/12)

Siehe dazu auch die Beitrag von Jörg Braun im Blog „Digitale Linke“ und den Beitrag „Illegal im Lesesaal“ auf bildungsklick.de.

Darüber hinaus hat sich der Bundesrat zum wiederholten Male mit dem Thema Open Access befasst. Wie bereits 2006 empfiehlt der Bundesrat die Verankerung eines unabdingbaren Zweitveröffentlichungsrecht zur Förderung von Open Access. Lesenswert ist die Begründung:

„Das mit dieser urhebervertragsrechtlichen Regelung einzuführende Zweitveröffentlichungsrecht dient den am Gemeinwohl orientierten Interessen von Wissenschaft und Forschung an einem möglichst raschen Zugang zu neuen, aus Steuergeldern finanzierten Erkenntnissen und fördert die technologische Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland insgesamt. […] Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass mit dem Regelungsvorschlag die wissenschaftliche Kommunikation an Hochschulen und Forschungseinrichtungen erheblich gefördert werden kann und damit zusätzlich stimulierende Effekt für Innovationen in Wissenschaft und Forschung über den dann noch besser möglichen Wissens- und Technologietransfer erzielt werden können.“ (BR-Drs. 514/1/12)

Die Regelung, die in Paragraph 38 UrhG verankert werden soll, würde Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die rechtlich abgesicherte Möglichkeit eröffnen Publikationen nach einem Embargo von sechs Monaten auf Repositorien frei zugänglich zu machen.

Podiumsdiskussion: „Open Science – Chancen und Herausforderungen der digitalen Wissenschaft“

Im Rahmen der Open Access Week 2012, einer internationalen Aktionswoche zur Förderung von Open Access, die von wissenschaftlichen Einrichtungen weltweit getragen wird, diskutieren Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Verlagswesen und Forschungsförderung am 23. Oktober 2012 in Berlin über die Herausforderungen und Chancen von Open Science. Im Fokus stehen Themenfelder wie Open Access, Web 2.0 in der Wissenschaft und die dauerhafte Zugänglichkeit von Forschungsdaten.

Die Podiumsdiskussion findet am Abend des 23. Oktober 2012 im Auditorium des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin statt. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr und findet in deutscher Sprache statt. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Die Podiumsdiskussion wird vom Open Access Koordinationsbüro der Helmholtz-Gemeinschaft, vom Computer- und Medienservice, der Universitätsbibliothek und dem Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin sowie dem Center für Digitale Systeme der Freien Universität Berlin veranstaltet.
Das Programm und weitere Informationen finden sich auf der Website der Humboldt-Universität zu Berlin.

EU-Kommission verankert Open Access in Europa

Nach mehreren Konsultationen, in denen massive Zugangsbarrieren zu wissenschaftlichen Informationen konstatiert wurden, hat die Europäische Kommission heute eine umfassende Verankerung von Open Access im Europäischen Forschungsraum (ERA) angekündigt.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten die EU-Kommissarinnen Neelie Kroes (Digitale Agenda) und Maire Geoghegan-Quinn (Forschung, Innovation und Wissenschaft) ein Kommuniqué an das Europäische Parlament (PDF) und eine Empfehlung an die EU-Mitgliedsstaaten (PDF) zur dauerhaften und offenen Zugänglichkeit von wissenschaftlichen Publikationen und Forschungsdaten vor.

U.a.  informierten die EU-Kommissarinnen über die Open-Access-Policy im kommenden Forschungsrahmenprogramm HORIZON 2020: Alle Publikationen, die im Rahmen des Förderprogramms veröffentlicht werden, müssen in Open-Access- Zeitschriften veröffentlicht werden oder nach einem Embargo von zwölf bzw. sechs Monaten (je nach Förderprogramm) auf einem Repositorium zugänglich gemacht werden. Eventuell entstehende Publikationsgebühren bei der Veröffentlichung in Open-Access-Zeitschriften werden übernommen.

Weiter empfiehlt die Kommission den Mitgliedstaaten die deutliche Förderung von Open Access. Ziel der Kommission ist es, dass 2016 60% der Publikationen, die im Rahmen der öffentlich geförderten Forschung in Europa entstehen, ohne Barrieren zugänglich sind.

Bislang sind deutliche Unterschiede in der Umsetzung von Open Access in den Mitgliedstaaten zu beobachten. Spannend wird nun sein, welche Wirkung die Empfehlungen auf Deutschland haben. Der Blick auf die jüngsten Entwicklungen in Großbritannien und Dänemark zeigt die zunehmende Verankerung des Themas in der europäischen Wissenschaftspolitik.

Der offene Zugang zu wissenschaftlicher Information ist aus Sicht der Kommission nicht auf Textpublikationen beschränkt. Den Mitgliedstaaten wird nahegelegt auch die dauerhafte Zugänglichkeit von Forschungsdaten zu fördern. In der Empfehlung an die Staaten heißt es

“Define clear policies for the dissemination of and open access to research data resulting from publicly funded research. These policies should provide for: concrete objectives and indicators to measure progress; implementation plans, including the allocation of responsibilities (including appropriate licensing); associated financial planning.”

Es lohnt sich die Empfehlung und das Komuniqué zu lesen. Weiter finden sich auf der Website der Kommissarin Neelie Kroes eine Reihe von Videos, in denen sie mit prominenten Wissenschaftlern über Open Access spricht (Robbert Dijkgraaf, IAS, Günter Stock , Akademienunion & ALLEA,  Nobelpreisträger Harold Varmus, NCI). Folgendes Video fasst die Gespräche zusammen:

Wissenschaftsrat fordert mehr Koordination der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen

Der Wissenschaftsrat, das zentrale wissenschaftspolitische Beratungsgremium Deutschlands, hat heute „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020“ (PDF) veröffentlicht. In der Pressemitteilung zu dem rund 90-seitgen Papier heißt es:

„Der große Bedarf der Wissenschaft an digitalen und retrodigitalisierten Daten und Informationen, rasch anwachsende Sammlungen von Forschungsdaten in nahezu allen Disziplinen und die zunehmende Virtualisierung wissenschaftlicher Kommunikation stellen Wissenschaft und Informationsinfrastrukturen vor große Herausforderungen. Auch die weltweiten Kooperationen und der internationale Wettbewerb der Wissenschaftssysteme haben zu steigenden Anforderungen an die Informationsinfrastrukturen geführt. Der Wissenschaftsrat hat sich deshalb dafür ausgesprochen, das Gesamtsystem der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland strategisch weiter zu entwickeln. […] Auf einer ersten Stufe sollten in einem wettbewerblichen Verfahren Initiativen mit der Koordinierung der wichtigsten Aufgabenfelder beauftragt werden.[..] Auf einer zweiten Stufe sollten Bund und Länder einen Rat für Informationsinfrastrukturen als übergeordnetes Koordinierungsgremium einrichten. Dieser Rat sollte eine Abstimmung zwischen den unterschiedlichen Initiativen gewährleisten und Bund und Ländern künftig Empfehlungen zur strategischen Weiterentwicklung des sehr dynamischen Informationsinfrastruktursystems geben. „

Die Empfehlungen bauen auf den Arbeiten der Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur (KII) und entsprechenden Papieren des Wissenschaftsrats zu Zukunft von Informationsinfrastrukturen und aus dem Jahr 2011 auf.