Forschungsdaten öffnen – Anreize, Repositorien und Kooperationen

Die Diskussion über die Nachprüfbarkeit und Nachnutzung von digitalen Forschungsdaten gewinnt an weiter an Dynamik. 2013 haben die Wissenschaftsministerien der G8-Staaten unter dem Stichwort „Open Scientific Research Data“ einen möglichst offenen Zugang zu Forschungsdaten gefordert und damit eine zentrale Diskussion der Wissenschaft aufgegriffen, denn „Data Sharing“ ist für die Bearbeitung vieler drängender Forschungsfragen unabdingbar.

Vermehrt fordern Förderorganisationen, wie z. B. die Europäische Kommission (u. a. im Rahmen des „Open Research Data Pilot„in Horizon 2020) und wissenschaftliche Zeitschriften, dass Daten – die Ergebnis eines geförderten Projekts oder Grundlage eines Artikels sind – offen zugänglich gemacht werden. Siehe hierzu z. B. ein aktuelles Editorial in Nature (doi:10.1038/515312a).

Forschende sehen zwar häufig das Potenzial offener Forschungsdaten, stehen der offenen Zugänglichkeit „ihrer“ Daten jedoch auch zurückhaltend gegenüber. Um eine Kultur des „Data Sharings“ zu fördern, ist es dringend nötig Anreize zu schaffen. Im kompetitiven Wissenschaftssystem gilt es, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Daten-Repositorien anzubieten, auf denen Forschungsdaten dauerhaft zugänglich gemacht werden können. Von großer Bedeutung ist es dabei die Zitierfähigkeit der Forschungsdaten zu garantieren, um somit auch die Verankerung des Teilens im wissenschaftlichen Reputationssystems zu fördern.

Wissenschaftliche Institutionen und ihre Serviceeinrichtungen wie Bibliotheken, Daten- und Rechenzentren sind deshalb gefordert, Infrastrukturen und Services bereitzustellen, die die zitierfähige und  dauerhafte Zugänglichmachung der digitalen Forschungsdaten ermöglichen.

Im Rahmen meiner Arbeit am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ haben wir in den letzten Jahren, gemeinsam mit Partnern,  die Initiative re3data.org – Registry of Research Data Repositories gestartet (doi:10.1371/journal.pone.0078080). Anliegen war und ist es, Forschenden eine Orientierung über mögliche Orte zur Speicherung zur Zugänglichmachung ihrer Daten zu geben.

re3data.org – the Registry of Research Data Repositories Dank der Förderung der DFG und engagierter Projektpartner haben wir heute erfreulicherweise die „Tausender-Marke“ geknackt: re3data.org weist jetzt über 1.000 Daten-Repositorien aus der ganzen Welt nach. Ein einfaches Icon-System hilft bei der Einordnung der indexierten Daten-Infrastrukturen. (Weiterführende Informationen zum Stand von re3data.org finden sich im Projektblog.)

Das jüngste, in re3data.org indexierte Daten-Repositorium ging erst heute Nachmittag online. Es handelt sich um das „CERN Open Data Portal“. Über dieses Portal macht das CERN in Genf u. a. Daten aus den LHC-Kollaborationen für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Forschungsdaten sind durch die Nutzung der Creative-Commons-Deed „CC0“ gemeinfrei nachnutzbar. Siehe dazu die Pressemitteilung der CERN-Kolleginnen und -Kollegen.

CERN Open Data Portal

Auch wenn die Anzahl der „Daten-Policies“ wächst und die Landschaft der Daten-Repositorien an Profil gewinnt, gibt es weiterhin viel zu tun. Um die komplexen Herausforderungen des „Data Sharings“ auf internationaler Ebene aufzugreifen formiert sich die „Research Data Alliance (RDA)“. Organisiert durch das Open Science Koordinationsbüro der Helmholtz-Gemeinschaft findet heute und morgen eine Tagung dieser Initiative am GFZ in Potsdam statt. Dort diskutieren 120 „Data Practitioners” aus verschiedensten Fachgebieten über Stand und Perspektive der deutschen Beteiligung in der Research Data Alliance.

Weitere Informationen zum Thema:

  • Zehn Anregungen zum Umgang mit Forschungsdaten finden sich im Kapitel „Publikation von Forschungsdaten“ (doi:10.2314/coscv1.53) im Handbuch “CoScience“ (Das Kapitel steht unter CC-BY und kann nachgenutzt, weiterbearbeitet – und damit gerne auch verbessert – werden.)
  • Weitere Informationen finden sich im Wiki forschungsdaten.org.
  • Darüber hinaus kann das Thema auch auf der Mailingliste “Umgang mit Forschungsdaten” diskutiert werden.

(Crosspost von ALBERTopen.)

„Appell zur Nutzung offener Lizenzen in der Wissenschaft“

Die deutschen Wissenschaftsorganisationen haben heute einen „Appell zur Nutzung offener Lizenzen in der Wissenschaft“ veröffentlicht. In diesem heißt es:

„Offene Lizenzen sind […] ein elementarer Standard, der eine wissenschaftskonforme Nachnutzung wissenschaftlicher Produkte erleichtert. Mit der offenen Bereitstellung von Forschungsergebnissen werden deren Sichtbarkeit, Nachnutzbarkeit, schnelle Verbreitung und somit Innovation befördert. Offene Lizenzen erleichtern zudem die Umsetzung der Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis.

Die deutschen Wissenschaftsorganisationen halten […] standardisierte offene Lizenzen für ein ideales Werkzeug, um im Sinne der Berliner Erklärung von 2003 die möglichst umfassende Nutzung wissenschaftlicher Inhalte rechtsverbindlich abzusichern.“

In dem Appell wird darüber hinaus auch die Empfehlung zur Nutzung von Creative-Commons-Lizenzen gegeben. Dabei werden für unterschiedliche Publikationstypen (z. B. Textpublikationen, wissenschaftlicher Software, Metadaten) relevante Lizenzen erwähnt.

(Crosspost von ALBERTopen.)

Schweizer Verlage – Das letzte Aufbäumen vor Open Access

Mehr Gold und Grün beim SNF

Es waren wegweisende Neuigkeiten, die der Schweizerische Nationalfonds (SNF) am 16. April 2014 für den Sommer ankündigte. Ab Juli verlangt der SNF bei von ihm mitfinanzierten Buchpublikationen, dass diese nach einer Sperrfrist von längstens 24 Monaten auf einem institutionellen oder fachspezifischen Repositorium frei zugänglich sind. Gleichzeitig stellt der SNF Forschenden in Aussicht, dass diese für eine gut ausgestattete Open Access Publikation (enriched-E-Book) bis zu CHF 20‘000.- Förderung beantragen können. Anstatt sich über diese aussichtsreichen Neuigkeiten zu freuen, wurde von Claude P. (offenbar Mitarbeiter von Editions Antipodes) eine Petition ins Netz gestellt, in der „Schweizer Verlage im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften“ an Forschende appellieren, den SNF dazu zu bringen, von dieser neuen Regelung abzusehen. Welche Verlage oder Personen hinter dieser Petition stehen wird nicht erwähnt und war auf Anfrage bei Claude P. nicht zu erfahren. Gemäss neueren Meldungen bei boersenblatt.net und NZZ gehören die Verlage Schwabe und Chronos dazu.

Datenbanken chancenlos gegen das gedruckte Buch

Wie eine unmittelbare Reaktion des SNF darlegt, enthält die Petition einige Missverständnisse und falsche Darstellungen. Aber auch ohne diese Klarstellung ist die Argumentation in manchen Darstellungen nicht überzeugend. Mein persönlicher Favorit:

Die Rolle der Verlage besteht im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften auch darin, Werke einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um gesellschaftliche Phänomene, soziale Prozesse und Debatten zu beleuchten bzw. anzustossen. Ohne diese von den Verlagen geförderte Verbreitung würden die genannten Bücher auf Datenbanken liegen, die einer breiteren Öffentlichkeit kaum bekannt sind.

Es ist schon eine dreiste Realitätsverweigerung, wenn die Petitions-Urheber die Vorteile des Internets, wie sie in der Berlin Declaration von 2003 klar zum Ausdruck kommen und von allen Schweizer Hochschulen angestrebt werden, mit dem „Liegen auf einer Datenbank“ vergleichen. Das Gegenteil ist doch der Fall. Inhalte die eben nicht elektronisch und frei zugänglich gemacht werden, sondern nur gedruckt in einer Bibliothek stehen, haben zunehmend kaum noch eine Chance von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Verlage die heute wissenschaftliche Inhalte weder elektronisch noch frei zugänglich machen, nehmen ihre Rolle, die sie sich auf die Brust schreiben nicht wahr.

Zeichen der Zeit verpasst

Aber auch die Empörung über diesen „schnellen“ Entscheid des Nationalfonds und die Forderung die neue Regelung hinauszuschieben ist unverständlich. Seit der Berlin Declaration sind bereits über zehn Jahre vergangen. Seit 2012 bietet die Hauptbibliothek der Universität Zürich unabhängig vom SNF einen Open Access Publikationsfonds für die Geistes- und Sozialwissenschaften an. Eigentlich mehr als genug Zeit um die Vorzeichen richtig zu deuten und neue Geschäftsmodelle anzubieten. Ein Blick in das Directory of Open Access Books (doab) zeigt deutlich, dass andere Verlage in den Geistes- und Sozialwissenschaften, darunter auch traditionelle wie Böhlau, Brill oder De Gruyter es besser verstanden haben auf die Open Access Forderungen zu reagieren. Für Sven Fund, Geschäftsführer von De Gruyter gehört übrigens Open Access schlicht in das Angebotsportfolio eines Wissenschaftsverlages. Diese Petition, die übrigens mit keinem Wort die neuen grosszügigen Fördermöglichkeiten des SNFs für den goldenen Weg erwähnt, ist klar als das letzte Aufbäumen ewiggestriger Verlage vor dem unweigerlichen Wechsel zu Open Access abzutun. Allerdings wird die Petition mit der polemischen Angstmacherei, es werden künftig keine Bücher mehr gedruckt, bei einigen konservativen Forschenden tatsächlich Erfolg haben.

So schnell verschwindet das gedruckte Buch nicht

So meldete sich Ulrike Landfester, Prorektorin und Professorin für Deutsche Sprache und Literatur an der Universität St. Gallen im lokalen Tagblatt zu Wort. Indem der SNF nur noch Prozesse der Druckvorstufe fördert, aber nicht mehr die Druckkosten selber, befürchtet sie, dass künftig keine Bücher mehr gedruckt werden und dadurch ein elementares Bedürfnis der Geistes- und Sozialwissenschaft nicht mehr abgedeckt wird. Für Landfester, scheint es einen Unterschied in der Rezeption zu machen, ob man den identischen Inhalt auf Papier oder auf einem Kindle/iPad/Tolino usw. liest. Sie möchte deshalb, dass weiterhin nicht nur die Herstellung eines Buches, sondern auch explizit der Druck gefördert wird. Dabei deutet allerdings vieles drauf hin, dass der Druck dank „Print on Demand“-Technik bei genügend grosser Nachfrage kaum verschwinden wird. Bei Springer beispielsweise kann man jedes e-Book für $25 als gedruckte Version bestellen. Auch lässt sich anhand der Open Access Titel bei Böhlau feststellen, dass eine Förderungspolitik, wie sie nun vom SNF angekündigt wurde und in Österreich beim FWF mit einer ähnlichen Regelung schon aktiv ist, dazu führt, dass die Monografien/Sammelbände weiterhin als gedruckte Bücher erhältlich sind. Ob langfristig gedruckte Bücher noch im grossen Stil von privaten Kosumenten und vorallem von Bibliotheken gekauft werden, sobald sie Open Access vorliegen ist eine andere Frage. Zurzeit sind die Geschäftsgänge von Bibliotheken noch stark auf gedruckte Bücher ausgerichtet, so dass es für Bibliotheken aktuell einfacher ist, die Print Version zu kaufen und es reine OA-Publikationen bei der Bibliothek schwer haben. So berichtete beispielsweise der britische Open Book Publisher an der letzten OAI-Konferenz, etwas verzweifelt von seinen Versuchen Inhalte in die Bibliothekskataloge zu bringen. Wenn man zudem sieht, wie schwer sich einige Bibliotheken tun, den heute eigentlich überflüssigen Dissertationstausch einzustellen, kann man sich gut vorstellen, dass OA-Bücher noch lange gedruckt erworben werden.

Archivierung

Um den Bedarf nach einer gedruckten Version zu bekräftigen, führt Landfester sogar noch die Ungewissheit der digitalen Langzeitarchivierung an.

Das Buch, so Ulrike Landfester, sei zudem der weitaus zuverlässigere und nachhaltigere Datenträger als das Internet. Elektronische Daten müssten alle paar Jahre migriert werden; mit Kosten, die «mindestens so hoch, wenn nicht deutlich höher sind als jene für Bücher».

Es soll nicht behauptet werden, dass die Langzeitarchivierung keine Herausforderung darstellt. Aber es ist nicht so, dass wir auf gar keine Erfahrungswerte und Lösungsansätze zurückgreifen können. Gerade die Digitalisierung und Open Access  ermöglicht es uns Daten zu verteilen und dadurch besser zu sichern als je zuvor. LOCKSS aus Stanford demonstriert dies seit Jahren zuverlässig und ohne übermässigen Kosten. Gerne sei an dieser Stelle auf einen Blog-Post „Are we Facing a Digital Dark Age?“ von David Rosenthal verwiesen. Und bei allem Lobgesang auf das gedruckte Zeitalter darf man nicht ausblenden, dass es auch schon immer Risiken bei der analogen Aufbewahrung gegeben hat. Dass eine Bibliothek auch brennen (Herzogin Anna Amalia Bibliothek) oder ein Archiv einstürzen (Historisches Archiv der Stadt Köln) kann, wird leicht vergessen.

SSH vs. STM

In der Wahrnehmung einiger Geistes- und Sozialwissenschaftler galt Open Access bislang nur für die zeitschriftlastige Publikationskultur der Naturwissenschaftler, da dort der Bedarf nach einer Lösung der Zeitschriftenkrise vordringlicher war und noch ist. So entsteht nun fälschlicherweise den Eindruck man wolle ein Konzept der Naturwissenschaften auf die Geistes- und Sozialwissenschaften drücken und sieht sich als Disziplin missverstanden und benachteiligt. Dabei geht vergessen, dass gemäss der Berlin Declaration sich die Open Access Forderung schon immer auch auf die Humanities und auch auf Bücher bezog. Wer sich über die gefühlte oder echte Dominanz der Naturwissenschaften bei der Mittelverteilung stört, sollte das an anderen Orten, aber nicht als Kritik von Open Access anbringen. Der aktuelle NZZ-Artikel trennt diese Aspekte vorbildlich.

Open Access das einzig sinnvolle

2013 unterstützte der SNF 134 wissenschaftliche Buchpublikationen mit einer Förderungssumme von rund 1,6 Millionen Franken. Das wenigste davon steht der Öffentlichkeit frei zu Verfügung, obwohl sie es bezahlt hat. Es ist zu hoffen das der SNF unbeirrt weiterfährt, so dass dann spätestens ab 2016 auch Schweizer Inhalte in DOAB zu finden sind. Idealerweise auch mit einer CC-BY Lizenz.

Update:  20.5.2014

  • Zur OA-Politik des SNF gibt es eine Interpellation: „Open Access: eine Bedrohung für das Verlagswesen?“ eingereicht von der Ständerätin Géraldine Savary (SP, VD).
  • Inzwischen werden auf der Petititonswebseite die folgenden Verlage aufgeführt: Academic Press Paulusverlag || Chronos Verlag || Cosmos Verlag AG – Bereich Fachmedien || Dike Verlag AG || Editions Alphil || Editions Antipodes || Editions Chaman || Editions d’en bas || Editions EESP || Editions IES || Helbing Lichtenhahn Basel || hep Verlag Bern || HK Handelskunde Verlag || Infolio SA || Interact Verlag, Hochschule Luzern – Soziale Arbeit || Labor et Fides || Liberalis Verlag AG || Librairie Droz || MetisPresses || Orell Füssli Verlag AG || Ott Verlag Bern || Peter Lang Verlag || Réalités sociales || Rüegger Verlag Südostschweiz Presse und Print AG || Schulthess Juristische Medien AG || Schwabe AG Verlag Basel || Seismo Verlag AG || Springer Basel AG || Stämpfli Verlag AG Bern || TVZ Theologischer Verlag Zürich AG || vdf Hochschulverlag AG || Verlag am Goetheanum || Verlag Hans Huber || Verlag hier+jetzt || Verlag S. Karger || Versus Verlag
  • Auf Anfrage bestätigt allerdings der vdf Hochschulverlag (der Open Access schon seit langem unterstützt), von dieser Petition bislang keine Kenntnis gehabt zu haben.
  • Von Caspar Hirschi, Professor für Allgemeine Geschichte, Uni St. Gallen gibt es einen neuen Beitrag in der NZZ, worin er den verlegerischen Mehrwert von vielen Subventionsverlagen als gering beschreibt.

Update:  23.5.2014

  • Plädoyer für das gedruckte Buch in der NZZ von Michael Hagner, Wissenschaftshistoriker an der ETH Zürich. Gerne verdrehe ich Hagner das Wort im Maul:

Mit seiner kürzlich erlassenen Verordnung, keine Zuschüsse mehr für den freien Zugang zu Büchern zu bewilligen, sondern nur noch die Aufbereitung von Druckexemplaren zu fördern, die dann nach Ermessen der Verlage frei ins Netz gestellten werden können, aber spätestens 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, treibt der Schweizerische Nationalfonds (SNF) die Geisteswissenschaften in ein Buch-Ghetto, das diesen erheblichen Schaden zufügen dürfte. Wenn ein Wissenschafter ein Buch schreiben und frei zugänglich machen möchte, kann er sich an den SNF nicht mehr wenden. Das kommt eher einer Forschungsverhinderung als einer Forschungsförderung gleich. Damit keine Missverständnisse entstehen: Es ist nichts dagegen einzuwenden, Print Publikationen zu fördern. Es soll auch niemand daran gehindert werden, die Resultate einer fünfjährigen Forschungsarbeit als gedrucktes Buch zu veröffentlichen. Doch es ist verfehlt, wenn der SNF alle Verlage über einen Kamm schert, Open Access abwürgt und den Buchdruck als Zwangsmassnahme durchdrücken will. Unter solchen Bedingungen gedeiht Wissenschaft nicht, nirgendwo.

Update:  26.5.2014

  • Der Schweizer Bundesrat hat inzwischen die offene Interpellation ganz im Sinne von OA beantwortet: http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20143215
  • Auch sieht man inzwischen auch erste Anzeichen von zurückhaltender Akzeptanz. Auf der Website von Peter Lang kann man seit Anfang Mai nun auch lesen:

    In vielen Disziplinen ist Open Access zu einem geschätzten Publikationsmodell geworden. Neben klassischen Veröffentlichungen mit globalem Marketing und Vertrieb ermöglicht Peter Lang daher auch Publikationen im Open Access. Schließlich sollen Wissenschaftler selbst entscheiden, wie sie publizieren möchten. Der schnelle, sichere und dauerhafte Zugang zu Open Access Publikationen kann über die Peter Lang Website und Partnerwebsites ermöglicht werden. Sprechen Sie uns an: gerne beraten wir Sie über Konditionen und Lizenzmodelle!

Update: 27.5.2014

  • Um es positiv zu sehen: Open Access ist nun auch beim konservativen Feuilleton der NZZ angekommen. Mehr Positives lässt sich über den Beitrag von Uwe Justus Wenzel leider nicht sagen: Der Nationalfonds kapituliert: «Open Access»

Update: 27.6.2014

  • Wolfram Groddeck, Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Zürich findet die Online Veröffentlichung zwar sinnvoll, bleibt aber im Zweifel für das Buch. Als Beispiel führt Groddeck die kritische Robert-Walser Ausgabe an, die trotz massiver öffentlicher Förderung nicht frei im Netz zugänglich ist. Eine Zusammenstellung der Förderung des SNF zeigt auf, dass das im Verlaufe der Periode 2004-2016 gut 3 Mio CHF in das Projekt geflossen sind. Davon 239’600 CHF alleine in Form von Publikationsbeiträgen.

Update: 6.7.2014

  • Das Wortprotokoll der Ständeratsession vom 16.6.2014 in der die Interpellation „Open Access. Eine Bedrohung für das Verlagswesen?“ behandelt wurde ist nun online. Schneider-Ammann betonte, dass die Petition vom Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband ausdrücklich nicht unterzeichnet wurde. Dafür hat die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften die Publikationsförderung des Nationalfonds, wie vom Bundesrat vorgegeben, vollumfänglich unterstützt. Der Bundesrat ist überzeugt, dass das Verlagswesen durch die Open-Access-Entwicklung nicht bedroht ist.
  • In der Zwischenzeit hat der SNF die Publikationsförderung angepasst. Die Beiträge des SNF werden nun um 2000 CHF grosszügiger ausfallen als ursprünglich geplant. D.h. für eine Dissertation gilt eine sehr grosszügige Pauschale von CHF 8000. Für ein OA E-Book sogar 12’000 CHF. Ebenfalls ist ein Monitoring geplant, welches Fakten über die tatsächlichen Kosten der Verlage liefern soll. An der Frist von max. 24 Monaten wird festgehalten.

Update: 25.7.2014

  • Paul Schubert, Professor für Altgriechisch an der Universität Genf und Präsident der Abteilung Geistes- und Sozialwissenschaften des SNF äussert sich in einem Gastkommentar in der NZZ zur bisherigen Debatte: Mehr Menschen über aktuelle Forschung informieren.

Disclaimer: Ich arbeite seit dem 1.7.2014 beim SNF. Dieser Beitrag widerspiegelt alleine meine persönliche Meinung.

Podiumsdiskussion: „Open Science – Chancen und Herausforderungen der digitalen Wissenschaft“

Im Rahmen der Open Access Week 2012, einer internationalen Aktionswoche zur Förderung von Open Access, die von wissenschaftlichen Einrichtungen weltweit getragen wird, diskutieren Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Verlagswesen und Forschungsförderung am 23. Oktober 2012 in Berlin über die Herausforderungen und Chancen von Open Science. Im Fokus stehen Themenfelder wie Open Access, Web 2.0 in der Wissenschaft und die dauerhafte Zugänglichkeit von Forschungsdaten.

Die Podiumsdiskussion findet am Abend des 23. Oktober 2012 im Auditorium des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin statt. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr und findet in deutscher Sprache statt. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Die Podiumsdiskussion wird vom Open Access Koordinationsbüro der Helmholtz-Gemeinschaft, vom Computer- und Medienservice, der Universitätsbibliothek und dem Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin sowie dem Center für Digitale Systeme der Freien Universität Berlin veranstaltet.
Das Programm und weitere Informationen finden sich auf der Website der Humboldt-Universität zu Berlin.

Digital Humanities 2012: Videos und Tagungsband online

Vom  16. bis 20. Juli 2012 fand an der Universität Hamburg die Digital Humanities 2012 statt. Die Konferenz beschäftigte sich unter dem Motto „Digital Diversity: Cultures, Languages and Methods“ mit dem Stand und der Perspektive der digitalen Geisteswissenschaften. Eine Zusammenstellung von Presseberichten über die Konferenz findet sich hier.

Eine Vielzahl von Vorträgen wurden auf  Video aufgezeichnet (via Lecture2Go). Darüber hinaus ist der Tagungsband, der bei Hamburg University Press erschienen ist, frei zugänglich.

In einem der ersten Beiträge in diesem Blog ging Cornelius Puschmann 2009 der Frage „Digitale Geisteswissenschaften in Deutschland?“ nach. Die jetzige Gründung des Verbandes „DHD – Digital Humanities Deutschland“  im Rahmen der Konferenz zeigt, dass das „Methodenfeld“ (so Thomas Thiel in der FAZ vom 24.07.2012) deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Anliegen des Verbandes ist es, „eine formelle Interessenvertretung für Forscherinnen und Forscher, die sich im deutschsprachigen Raum in Forschung und Lehre im Arbeitsbereich der Digital Humanities engagieren“ zu werden.

Wissenschaftsrat fordert mehr Koordination der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen

Der Wissenschaftsrat, das zentrale wissenschaftspolitische Beratungsgremium Deutschlands, hat heute „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020“ (PDF) veröffentlicht. In der Pressemitteilung zu dem rund 90-seitgen Papier heißt es:

„Der große Bedarf der Wissenschaft an digitalen und retrodigitalisierten Daten und Informationen, rasch anwachsende Sammlungen von Forschungsdaten in nahezu allen Disziplinen und die zunehmende Virtualisierung wissenschaftlicher Kommunikation stellen Wissenschaft und Informationsinfrastrukturen vor große Herausforderungen. Auch die weltweiten Kooperationen und der internationale Wettbewerb der Wissenschaftssysteme haben zu steigenden Anforderungen an die Informationsinfrastrukturen geführt. Der Wissenschaftsrat hat sich deshalb dafür ausgesprochen, das Gesamtsystem der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland strategisch weiter zu entwickeln. […] Auf einer ersten Stufe sollten in einem wettbewerblichen Verfahren Initiativen mit der Koordinierung der wichtigsten Aufgabenfelder beauftragt werden.[..] Auf einer zweiten Stufe sollten Bund und Länder einen Rat für Informationsinfrastrukturen als übergeordnetes Koordinierungsgremium einrichten. Dieser Rat sollte eine Abstimmung zwischen den unterschiedlichen Initiativen gewährleisten und Bund und Ländern künftig Empfehlungen zur strategischen Weiterentwicklung des sehr dynamischen Informationsinfrastruktursystems geben. „

Die Empfehlungen bauen auf den Arbeiten der Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur (KII) und entsprechenden Papieren des Wissenschaftsrats zu Zukunft von Informationsinfrastrukturen und aus dem Jahr 2011 auf.

Blogportal für die Geisteswissenschaften

Mareike König, vom Deutsches Historisches Institut Paris (DHIP), berichtet über den Start eines deutschsprachigen Blogportals für die Geisteswissenschaften:  http://de.hypotheses.org. Mit diesem soll der Erfolg geisteswissenschaftlicher Blogs in Frankreich in den deutschen Sprachraum getragen werden.

„Entstanden ist die Idee vor dem Hintergrund des großen Erfolgs des französischsprachigen Blogportals hypotheses.org. Über 60 der derzeit 269 dort versammelten Blogs haben in diesem Sommer von der französischen Nationalbibliothek eine ISSN bekommen und können damit wie Zeitschriften in die Bibliothekskataloge aufgenommen werden[1]. Das Team von hypotheses.org um Marin Dacos und Pierre Mounier stellen die Infrastruktur für das deutschsprachige Portal kostenlos zur Verfügung, ganz im Sinne des Manifests der Digital Humanities, entstanden auf dem Pariser ThatCamp 2010, das Kollaboration in einer solidarischen, offenen, einladenden und frei zugänglichen Praxisgemeinschaft in den Mittelpunkt stellt.“

Schön, dass sich das DHIP diesem Thema annimmt und sein Engagement für die Digital Humanities so konsequent umsetzt. PS: Immer noch lesenswert ist der Beitrag von König auf Archivalia  zur Landschaft geisteswissenschaftliche Blogs in Frankreich.

(via LIBREAS.)

Der Book Citation Index startet

Die Bibliometriker freuen sich über ein neues Spielzeug: Thomson Reuters startet diesen Monat den Book Citation Index. Der Book Citation Index umfasst aktuell 25.000 wissenschaftliche Buchinhalte, die seit 2005 erschienen sind. In Zukunft sollen jährlich 10.000 weitere Bücher hinzugefügt werden.

40 Prozent der indexierten Publikationen werden den Sozialwissenschaften zugeordnet. Gefolgt von den Geisteswissenschaften mit 18 Prozent. Den Lebenswissenschaften werden 6 Prozent der indexierten Publikationen zugeordnet. Laut Thomson Reuters Factsheet (PDF) eröffnet der Book Citation Index folgende Möglichkeiten:

„Der Book Citation Index des Web of Science verbindet die Buchsammlung einer Bibliothek mit einem leistungsfähigen neuen Entdeckungs-Tool, das Forschern die Möglichkeit gibt, schnell und mühelos die wirklich relevanten Bücher ausfindig zu machen und Zugriff darauf zu bekommen. Web of Science vereint wissenschaftliche Bücher, Fachzeitschriften und Konferenzbeiträge, um das enorme Potenzial des Durchsuchens von Zitierungen optimal nutzen zu können. Autoren und Forscher können ab sofort das bestehende Netz an Zitierungen zwischen Büchern und der Forschung allgemein analysieren.“

Der Book Citation Index kann als Modul des Web of Science erworben werden. Interessant ist der Blick in die Master Book List. Wenn ich richtig recherchiert habe, sind beispielsweise 1.081 Buchpublikationen aus dem Hause De Gruyter indexiert.

Open-Access-Tage 2011: Anmeldung eröffnet

In diesem Jahr finden die Open-Access-Tage bereits zum fünften Mal statt. Gastgeberin ist vom 4. bis 5. Oktober 2011 die Universität Regensburg. Veranstaltet wird die Fachkonferenz von der Informationsplattform open-access.net und ihren Partnern.

Die Konferenz richtet sich an Personen aus Wissenschaft, Wissenschaftsmanagement, Verlagen und Infrastruktureinrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Neben Vorträgen im Plenum besteht in vielen Sessions die Möglichkeit zur Diskussion. Teil der Veranstaltung ist wie in den Vorjahren die Open-Acces-Messe, auf der sich Open-Access-Projekte, -Verlage, -Zeitschriften, -Repositorien und weitere Akteure präsentieren können.

Die Anmeldung ist eröffnet und das Programm wächst und gedeiht. Als Mitglied des Programmkomitees würde ich mich freuen auch einige wisspub-Leserinnen und Leser in Regensburg sehen zu können. (Hashtag: #OAT11)

„Wissen“ und „Verwertung“

Da die Kollegen Puschmann und Herb gerade andere Kanäle als dieses Blog nutzen, aggregiere ich im Folgenden zwei lesenswerte Beiträge der lieben Kollegen.

Ulrich Herb schreibt auf TELEPOLIS unter dem schönen Titel „Für Wissenschaftler wertlos“ über das Zählpixel der VG Wort:

Seit 2007 bietet die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) für online publizierte Dokumente die Möglichkeit einer Ausschüttung von Tantiemen aus Zweitverwertungrechten nach Urheberrechtsgesetz. Ob man in den Genuss einer Ausschüttung kommt, hängt von einer kruden Technik ab, die Verfasser wissenschaftlicher Dokumente in den meisten Fällen von einer Vergütung ausschließt. Alternativvorschlägen von E-Publishing-Akteuren verschließt sich die VG Wort bislang.

Cornelius Puschmann macht sich in seinem eigenen Blog „Gedanken zur gesellschaftlichen Aufgabe der Wikipedia„:

Das Internet fordert unter anderem deshalb gesellschaftliche Eliten heraus, weil es alternative Zugänge zu und Teilnahme an Wissen ermöglicht. Im Falle der Wikipedia sind es (unter anderem) Schule und Wissenschaft, die herausgefordert werden. Dabei geht es weniger darum, dass die bestehenden System ersetzt würden, als vielmehr um vergrößerte Transparenz und Partizipationsmöglichkeiten durch neue, bislang nicht in den Wissensverhandlungsprozess eingebundene Akteuere. Die Wikipedia ist nicht perfekt, aber das muss sie auch nicht sein. Es genügt völlig, dass sie uns die Komplexität der Wissenskodifizierung vor Augen führt, und dass sie die Barrieren zur Teilnahme an dieser Kodifizierung im Vergleich zum Buchzeitalter merklich reduziert hat. Die Wikipedia ist nicht bedeutsam als ewiger Wissensspeicher, in dem ordentlich sortierte Fakten abgelegt werden. Vielmehr ist sie ein Marktplatz, auf dem Wissen verhandelt wird, und dieser Prozess ist vielleicht wichtiger als sein Endprodukt, auch wenn es zweifellos oft ein ziemlich mühseliger Prozess ist.

Liebe Kollegen, bei diesem Output ist es schwer den Überblick zu behalten! Hinweise auf Eurer Schaffen und Wirken sind auch hier weiterhin willkommen. 🙂