Verlagssuche für ein Open-Access-Buch – ein Erfahrungsbericht

Im Zuge der Open-Access-Transformation erscheinen zunehmend auch Bücher Open Access. Insbesondere die Kalkulationen zu Kosten von Open-Access-Büchern gehen dabei weit auseinander: sie reichen von einigen tausend bis zu mehreren zehntausend Euro.[1] Institutionelle Publikationsfonds für Open-Access-Bücher sehen häufig Förderungen in der Höhe von bis zu 6.000 Euro vor.[2] Bislang bieten allerdings nur wenige Verlage im deutschsprachigen Raum Open Access für Bücher überhaupt aktiv an, viele beginnen erst mit der Entwicklung entsprechender Modelle.

Dieser Beitrag schildert die Erfahrungen bei der Verlagssuche für ein Open-Access-Buch, das drei Mitarbeiter*innen der UB Graz gemeinsam herausgeben. Generell ist zu empfehlen, für ein Buchprojekt zumindest zwei Verlagsangebote einzuholen; wir fragten für unsere Publikation bei gleich sechs Verlagen an.

Unsere wichtigsten Kriterien für die Vorauswahl waren ein einschlägiges Verlagsprogramm (in Fachbereichen wie Bibliotheks- und Informationswissenschaften oder Medienwissenschaften), also ein passendes fachliches Umfeld für unsere Publikation, und/oder vorhandene Erfahrung des Verlags mit Open-Access-Publikationen.

Auf Basis einer ersten Recherche kontaktierten wir Mitte 2019 sechs deutsche Verlage mit einem Projektvorschlag für das geplante Buch. Der Projektvorschlag enthielt Angaben zu Konzept und Inhalt, Umfang (geplant waren 250 Seiten bzw 550.000 Zeichen), den beteiligten Personen, der Zielgruppe des Buches u.a.m. Darüber hinaus wurden die Verlage explizit darauf hingewiesen, dass dem Herausgeberteam eine Open-Access-Verfügbarkeit sehr wichtig sei.

Unser Ziel war es herauszufinden, ob seitens der Verlage Interesse an dem damals bereits laufenden Buchprojekt besteht und welcher der Verlage unsere Vorstellungen zu möglichst attraktiven Bedingungen erfüllen würde.

Erfreulicherweise zeigten sich alle sechs kontaktierten Verlage daran interessiert, das geplante Buch in ihr Programm aufzunehmen. Die Angebote fielen allerdings teils lückenhaft und vor allem äußerst unterschiedlich aus:

  • Ein Verlag bot nur die Möglichkeit einer (kostenpflichtigen) Open-Access-Zweitveröffentlichung an, ein weiteres Angebot war in diesem Punkt unklar.
  • Es wurden unterschiedliche Buchformate und Einbände (Hardcover bzw. Softcover) angeboten.
  • Satz und Layout waren nur bei der Hälfte der Verlage im Leistungsumfang inkludiert.
  • Es wurden unterschiedliche Kostenpositionen angeführt, so etwa Kosten für die Druckausgabe und/oder für Open Access, ein Verlag kalkulierte auch Nebenkosten. Keiner der Verlage legte eine detaillierte Aufschlüsselung einzelner Kostenpositionen vor.
  • Der für die Publikation insgesamt aufzubringende Zuschuss wurde mit 0 Euro bis 6533 Euro angegeben.
  • Die Zahl der inkludierten Herausgeber- und Autorenexemplare reichte von 0 bis 40. Weitere Exemplare wurden von den meisten Verlagen mit einem Rabatt von 30-40 % auf den Ladenpreis angeboten.
  • Der Ladenpreis der Printausgabe wurde je nach Verlag zwischen 28 und 80 Euro angesetzt, also zwischen 11 und 32 Cent pro Seite.
  • Zwei Verlage stellten ein Herausgeberhonorar von 10 % des Netto-Ladenpreises in Aussicht.
  • Zwei Verlage machten Angaben zur geplanten Druckauflage: 350 bzw. 400 Exemplare inklusive Freiexemplare für Herausgeber*innen, Autor*innen und Werbezwecke.
  • Zwei Verlage baten um die Zusendung von Probekapiteln.
Überblick der Verlagsangebote

Die meisten der kontaktierten Verlage boten an, die Ausstattung des Buches gegebenenfalls an Wünsche der Herausgeber*innen anzupassen. Es bestätigte sich, dass man bei Verlagen durchaus nachfragen kann und sollte: Durch Rückfragen bei einigen der Verlage konnten wir sowohl Klarstellungen als auch teils bessere Konditionen bei Creative-Commons-Lizenzen, Ladenpreis und Anzahl der Autor*innenexemplare erreichen.

Aufgrund der sehr uneinheitlich strukturierten und kalkulierten Angebote führten wir in einem zweiten Schritt eine genauere Analyse der Angebote durch, um den für uns „besten“ Anbieter zu identifizieren. Hierbei waren uns folgende Punkte wichtig:

  • Vertrauenswürdiges, schlüssiges Angebot
  • Open-Access-Option
  • Leistbare Publikationskosten
  • Vertretbarer Ladenpreis der Printausgabe

Drei Verlage kamen dabei in die engere Auswahl: Sie hatten nachvollziehbare Angebote gelegt sowie strategisches Interesse an der Publikation signalisiert und waren auch bereit, uns bei den Konditionen entgegenzukommen. Wir wählten schließlich jenen Verlag, der sowohl einen vertretbaren Ladenpreis als auch einen vergleichsweise niedrigen Zuschussbedarf angegeben hatte – mit dem Hinweis, dass aufgrund des besonderen Interesses an diesem Band („Open-Access-Publikation von Perspektiven, die uns alle voranbringen“) in unserem Fall nur 2/3 der Betriebskosten in Rechnung gestellt würden. Die beiden anderen Angebote waren ebenfalls interessant, hätten aber unser Budget – und das der Käufer*innen der Druckausgabe – deutlich mehr belastet.

Unser Verlagsvergleich brachte somit folgende Erkenntnisse:

  • Nicht alle Verlage „können“ Open Access.
  • Verlagsangebote sind sehr unterschiedlich strukturiert und kalkuliert und daher nur bedingt vergleichbar.
  • Einholen mehrerer Angebote und Nachfragen lohnen sich.
  • Das eigene Werk dem Verlag gut und verständlich zu „verkaufen“ ist wichtig.
  • Die Höhe des Finanzierungsbedarfs hängt auch vom „Wert“ eines Buches für das Verlagsprogramm ab und kann – zumindest bei nicht streng wissenschaftlichen Büchern – geringer sein als allgemein vermutet.

Der Umfang des Buches erhöhte sich von den ursprünglich geplanten 250 schlussendlich auf beinahe 400 Seiten, was nachträglich eine moderate Erhöhung des Finanzierungsbedarfs und des Ladenpreises bei ansonsten unveränderten Rahmenbedingungen brachte. Das Buch „Publikationsberatung an Universitäten“ erscheint im Mai 2020 gedruckt und Open Access.


[1] Ferwerda et al., A Landscape Study on Open Access and Monographs: https://doi.org/10.5281/zenodo.815932  (S. 38)

Grimme et al., The State of Open Monographs: https://doi.org/10.6084/m9.figshare.8197625  (S. 16-20)

Maron et al., The Cost of Publishing Monographs: https://doi.org/10.18665/sr.276785 

Eve et al., Cost estimates of an open access mandate for monographs in the UK’s third Research Excellence Framework: https://insights.uksg.org/articles/10.1629/uksg.392/ 

[2] Beispiele siehe https://oa2020-de.org/assets/files/20191203_Vorträge_OAMonografienWorkshop.pdf

Schweizer Verlage – Das letzte Aufbäumen vor Open Access

Mehr Gold und Grün beim SNF

Es waren wegweisende Neuigkeiten, die der Schweizerische Nationalfonds (SNF) am 16. April 2014 für den Sommer ankündigte. Ab Juli verlangt der SNF bei von ihm mitfinanzierten Buchpublikationen, dass diese nach einer Sperrfrist von längstens 24 Monaten auf einem institutionellen oder fachspezifischen Repositorium frei zugänglich sind. Gleichzeitig stellt der SNF Forschenden in Aussicht, dass diese für eine gut ausgestattete Open Access Publikation (enriched-E-Book) bis zu CHF 20‘000.- Förderung beantragen können. Anstatt sich über diese aussichtsreichen Neuigkeiten zu freuen, wurde von Claude P. (offenbar Mitarbeiter von Editions Antipodes) eine Petition ins Netz gestellt, in der „Schweizer Verlage im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften“ an Forschende appellieren, den SNF dazu zu bringen, von dieser neuen Regelung abzusehen. Welche Verlage oder Personen hinter dieser Petition stehen wird nicht erwähnt und war auf Anfrage bei Claude P. nicht zu erfahren. Gemäss neueren Meldungen bei boersenblatt.net und NZZ gehören die Verlage Schwabe und Chronos dazu.

Datenbanken chancenlos gegen das gedruckte Buch

Wie eine unmittelbare Reaktion des SNF darlegt, enthält die Petition einige Missverständnisse und falsche Darstellungen. Aber auch ohne diese Klarstellung ist die Argumentation in manchen Darstellungen nicht überzeugend. Mein persönlicher Favorit:

Die Rolle der Verlage besteht im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften auch darin, Werke einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um gesellschaftliche Phänomene, soziale Prozesse und Debatten zu beleuchten bzw. anzustossen. Ohne diese von den Verlagen geförderte Verbreitung würden die genannten Bücher auf Datenbanken liegen, die einer breiteren Öffentlichkeit kaum bekannt sind.

Es ist schon eine dreiste Realitätsverweigerung, wenn die Petitions-Urheber die Vorteile des Internets, wie sie in der Berlin Declaration von 2003 klar zum Ausdruck kommen und von allen Schweizer Hochschulen angestrebt werden, mit dem „Liegen auf einer Datenbank“ vergleichen. Das Gegenteil ist doch der Fall. Inhalte die eben nicht elektronisch und frei zugänglich gemacht werden, sondern nur gedruckt in einer Bibliothek stehen, haben zunehmend kaum noch eine Chance von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Verlage die heute wissenschaftliche Inhalte weder elektronisch noch frei zugänglich machen, nehmen ihre Rolle, die sie sich auf die Brust schreiben nicht wahr.

Zeichen der Zeit verpasst

Aber auch die Empörung über diesen „schnellen“ Entscheid des Nationalfonds und die Forderung die neue Regelung hinauszuschieben ist unverständlich. Seit der Berlin Declaration sind bereits über zehn Jahre vergangen. Seit 2012 bietet die Hauptbibliothek der Universität Zürich unabhängig vom SNF einen Open Access Publikationsfonds für die Geistes- und Sozialwissenschaften an. Eigentlich mehr als genug Zeit um die Vorzeichen richtig zu deuten und neue Geschäftsmodelle anzubieten. Ein Blick in das Directory of Open Access Books (doab) zeigt deutlich, dass andere Verlage in den Geistes- und Sozialwissenschaften, darunter auch traditionelle wie Böhlau, Brill oder De Gruyter es besser verstanden haben auf die Open Access Forderungen zu reagieren. Für Sven Fund, Geschäftsführer von De Gruyter gehört übrigens Open Access schlicht in das Angebotsportfolio eines Wissenschaftsverlages. Diese Petition, die übrigens mit keinem Wort die neuen grosszügigen Fördermöglichkeiten des SNFs für den goldenen Weg erwähnt, ist klar als das letzte Aufbäumen ewiggestriger Verlage vor dem unweigerlichen Wechsel zu Open Access abzutun. Allerdings wird die Petition mit der polemischen Angstmacherei, es werden künftig keine Bücher mehr gedruckt, bei einigen konservativen Forschenden tatsächlich Erfolg haben.

So schnell verschwindet das gedruckte Buch nicht

So meldete sich Ulrike Landfester, Prorektorin und Professorin für Deutsche Sprache und Literatur an der Universität St. Gallen im lokalen Tagblatt zu Wort. Indem der SNF nur noch Prozesse der Druckvorstufe fördert, aber nicht mehr die Druckkosten selber, befürchtet sie, dass künftig keine Bücher mehr gedruckt werden und dadurch ein elementares Bedürfnis der Geistes- und Sozialwissenschaft nicht mehr abgedeckt wird. Für Landfester, scheint es einen Unterschied in der Rezeption zu machen, ob man den identischen Inhalt auf Papier oder auf einem Kindle/iPad/Tolino usw. liest. Sie möchte deshalb, dass weiterhin nicht nur die Herstellung eines Buches, sondern auch explizit der Druck gefördert wird. Dabei deutet allerdings vieles drauf hin, dass der Druck dank „Print on Demand“-Technik bei genügend grosser Nachfrage kaum verschwinden wird. Bei Springer beispielsweise kann man jedes e-Book für $25 als gedruckte Version bestellen. Auch lässt sich anhand der Open Access Titel bei Böhlau feststellen, dass eine Förderungspolitik, wie sie nun vom SNF angekündigt wurde und in Österreich beim FWF mit einer ähnlichen Regelung schon aktiv ist, dazu führt, dass die Monografien/Sammelbände weiterhin als gedruckte Bücher erhältlich sind. Ob langfristig gedruckte Bücher noch im grossen Stil von privaten Kosumenten und vorallem von Bibliotheken gekauft werden, sobald sie Open Access vorliegen ist eine andere Frage. Zurzeit sind die Geschäftsgänge von Bibliotheken noch stark auf gedruckte Bücher ausgerichtet, so dass es für Bibliotheken aktuell einfacher ist, die Print Version zu kaufen und es reine OA-Publikationen bei der Bibliothek schwer haben. So berichtete beispielsweise der britische Open Book Publisher an der letzten OAI-Konferenz, etwas verzweifelt von seinen Versuchen Inhalte in die Bibliothekskataloge zu bringen. Wenn man zudem sieht, wie schwer sich einige Bibliotheken tun, den heute eigentlich überflüssigen Dissertationstausch einzustellen, kann man sich gut vorstellen, dass OA-Bücher noch lange gedruckt erworben werden.

Archivierung

Um den Bedarf nach einer gedruckten Version zu bekräftigen, führt Landfester sogar noch die Ungewissheit der digitalen Langzeitarchivierung an.

Das Buch, so Ulrike Landfester, sei zudem der weitaus zuverlässigere und nachhaltigere Datenträger als das Internet. Elektronische Daten müssten alle paar Jahre migriert werden; mit Kosten, die «mindestens so hoch, wenn nicht deutlich höher sind als jene für Bücher».

Es soll nicht behauptet werden, dass die Langzeitarchivierung keine Herausforderung darstellt. Aber es ist nicht so, dass wir auf gar keine Erfahrungswerte und Lösungsansätze zurückgreifen können. Gerade die Digitalisierung und Open Access  ermöglicht es uns Daten zu verteilen und dadurch besser zu sichern als je zuvor. LOCKSS aus Stanford demonstriert dies seit Jahren zuverlässig und ohne übermässigen Kosten. Gerne sei an dieser Stelle auf einen Blog-Post „Are we Facing a Digital Dark Age?“ von David Rosenthal verwiesen. Und bei allem Lobgesang auf das gedruckte Zeitalter darf man nicht ausblenden, dass es auch schon immer Risiken bei der analogen Aufbewahrung gegeben hat. Dass eine Bibliothek auch brennen (Herzogin Anna Amalia Bibliothek) oder ein Archiv einstürzen (Historisches Archiv der Stadt Köln) kann, wird leicht vergessen.

SSH vs. STM

In der Wahrnehmung einiger Geistes- und Sozialwissenschaftler galt Open Access bislang nur für die zeitschriftlastige Publikationskultur der Naturwissenschaftler, da dort der Bedarf nach einer Lösung der Zeitschriftenkrise vordringlicher war und noch ist. So entsteht nun fälschlicherweise den Eindruck man wolle ein Konzept der Naturwissenschaften auf die Geistes- und Sozialwissenschaften drücken und sieht sich als Disziplin missverstanden und benachteiligt. Dabei geht vergessen, dass gemäss der Berlin Declaration sich die Open Access Forderung schon immer auch auf die Humanities und auch auf Bücher bezog. Wer sich über die gefühlte oder echte Dominanz der Naturwissenschaften bei der Mittelverteilung stört, sollte das an anderen Orten, aber nicht als Kritik von Open Access anbringen. Der aktuelle NZZ-Artikel trennt diese Aspekte vorbildlich.

Open Access das einzig sinnvolle

2013 unterstützte der SNF 134 wissenschaftliche Buchpublikationen mit einer Förderungssumme von rund 1,6 Millionen Franken. Das wenigste davon steht der Öffentlichkeit frei zu Verfügung, obwohl sie es bezahlt hat. Es ist zu hoffen das der SNF unbeirrt weiterfährt, so dass dann spätestens ab 2016 auch Schweizer Inhalte in DOAB zu finden sind. Idealerweise auch mit einer CC-BY Lizenz.

Update:  20.5.2014

  • Zur OA-Politik des SNF gibt es eine Interpellation: „Open Access: eine Bedrohung für das Verlagswesen?“ eingereicht von der Ständerätin Géraldine Savary (SP, VD).
  • Inzwischen werden auf der Petititonswebseite die folgenden Verlage aufgeführt: Academic Press Paulusverlag || Chronos Verlag || Cosmos Verlag AG – Bereich Fachmedien || Dike Verlag AG || Editions Alphil || Editions Antipodes || Editions Chaman || Editions d’en bas || Editions EESP || Editions IES || Helbing Lichtenhahn Basel || hep Verlag Bern || HK Handelskunde Verlag || Infolio SA || Interact Verlag, Hochschule Luzern – Soziale Arbeit || Labor et Fides || Liberalis Verlag AG || Librairie Droz || MetisPresses || Orell Füssli Verlag AG || Ott Verlag Bern || Peter Lang Verlag || Réalités sociales || Rüegger Verlag Südostschweiz Presse und Print AG || Schulthess Juristische Medien AG || Schwabe AG Verlag Basel || Seismo Verlag AG || Springer Basel AG || Stämpfli Verlag AG Bern || TVZ Theologischer Verlag Zürich AG || vdf Hochschulverlag AG || Verlag am Goetheanum || Verlag Hans Huber || Verlag hier+jetzt || Verlag S. Karger || Versus Verlag
  • Auf Anfrage bestätigt allerdings der vdf Hochschulverlag (der Open Access schon seit langem unterstützt), von dieser Petition bislang keine Kenntnis gehabt zu haben.
  • Von Caspar Hirschi, Professor für Allgemeine Geschichte, Uni St. Gallen gibt es einen neuen Beitrag in der NZZ, worin er den verlegerischen Mehrwert von vielen Subventionsverlagen als gering beschreibt.

Update:  23.5.2014

  • Plädoyer für das gedruckte Buch in der NZZ von Michael Hagner, Wissenschaftshistoriker an der ETH Zürich. Gerne verdrehe ich Hagner das Wort im Maul:

Mit seiner kürzlich erlassenen Verordnung, keine Zuschüsse mehr für den freien Zugang zu Büchern zu bewilligen, sondern nur noch die Aufbereitung von Druckexemplaren zu fördern, die dann nach Ermessen der Verlage frei ins Netz gestellten werden können, aber spätestens 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, treibt der Schweizerische Nationalfonds (SNF) die Geisteswissenschaften in ein Buch-Ghetto, das diesen erheblichen Schaden zufügen dürfte. Wenn ein Wissenschafter ein Buch schreiben und frei zugänglich machen möchte, kann er sich an den SNF nicht mehr wenden. Das kommt eher einer Forschungsverhinderung als einer Forschungsförderung gleich. Damit keine Missverständnisse entstehen: Es ist nichts dagegen einzuwenden, Print Publikationen zu fördern. Es soll auch niemand daran gehindert werden, die Resultate einer fünfjährigen Forschungsarbeit als gedrucktes Buch zu veröffentlichen. Doch es ist verfehlt, wenn der SNF alle Verlage über einen Kamm schert, Open Access abwürgt und den Buchdruck als Zwangsmassnahme durchdrücken will. Unter solchen Bedingungen gedeiht Wissenschaft nicht, nirgendwo.

Update:  26.5.2014

  • Der Schweizer Bundesrat hat inzwischen die offene Interpellation ganz im Sinne von OA beantwortet: http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20143215
  • Auch sieht man inzwischen auch erste Anzeichen von zurückhaltender Akzeptanz. Auf der Website von Peter Lang kann man seit Anfang Mai nun auch lesen:

    In vielen Disziplinen ist Open Access zu einem geschätzten Publikationsmodell geworden. Neben klassischen Veröffentlichungen mit globalem Marketing und Vertrieb ermöglicht Peter Lang daher auch Publikationen im Open Access. Schließlich sollen Wissenschaftler selbst entscheiden, wie sie publizieren möchten. Der schnelle, sichere und dauerhafte Zugang zu Open Access Publikationen kann über die Peter Lang Website und Partnerwebsites ermöglicht werden. Sprechen Sie uns an: gerne beraten wir Sie über Konditionen und Lizenzmodelle!

Update: 27.5.2014

  • Um es positiv zu sehen: Open Access ist nun auch beim konservativen Feuilleton der NZZ angekommen. Mehr Positives lässt sich über den Beitrag von Uwe Justus Wenzel leider nicht sagen: Der Nationalfonds kapituliert: «Open Access»

Update: 27.6.2014

  • Wolfram Groddeck, Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Zürich findet die Online Veröffentlichung zwar sinnvoll, bleibt aber im Zweifel für das Buch. Als Beispiel führt Groddeck die kritische Robert-Walser Ausgabe an, die trotz massiver öffentlicher Förderung nicht frei im Netz zugänglich ist. Eine Zusammenstellung der Förderung des SNF zeigt auf, dass das im Verlaufe der Periode 2004-2016 gut 3 Mio CHF in das Projekt geflossen sind. Davon 239’600 CHF alleine in Form von Publikationsbeiträgen.

Update: 6.7.2014

  • Das Wortprotokoll der Ständeratsession vom 16.6.2014 in der die Interpellation „Open Access. Eine Bedrohung für das Verlagswesen?“ behandelt wurde ist nun online. Schneider-Ammann betonte, dass die Petition vom Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband ausdrücklich nicht unterzeichnet wurde. Dafür hat die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften die Publikationsförderung des Nationalfonds, wie vom Bundesrat vorgegeben, vollumfänglich unterstützt. Der Bundesrat ist überzeugt, dass das Verlagswesen durch die Open-Access-Entwicklung nicht bedroht ist.
  • In der Zwischenzeit hat der SNF die Publikationsförderung angepasst. Die Beiträge des SNF werden nun um 2000 CHF grosszügiger ausfallen als ursprünglich geplant. D.h. für eine Dissertation gilt eine sehr grosszügige Pauschale von CHF 8000. Für ein OA E-Book sogar 12’000 CHF. Ebenfalls ist ein Monitoring geplant, welches Fakten über die tatsächlichen Kosten der Verlage liefern soll. An der Frist von max. 24 Monaten wird festgehalten.

Update: 25.7.2014

  • Paul Schubert, Professor für Altgriechisch an der Universität Genf und Präsident der Abteilung Geistes- und Sozialwissenschaften des SNF äussert sich in einem Gastkommentar in der NZZ zur bisherigen Debatte: Mehr Menschen über aktuelle Forschung informieren.

Disclaimer: Ich arbeite seit dem 1.7.2014 beim SNF. Dieser Beitrag widerspiegelt alleine meine persönliche Meinung.