Verlage kündigen Klage gegen ResearchGate an

Laut der Verlagsinitiative „Coalition for Responsible Sharing“ ist die außergerichtliche Einigung zwischen dem Verband der Wissenschaftsverlage STM und ResearchGate gescheitert. (Hintergrund.)

In einem Statement auf der Website der Initiative werden „formal steps to remedy the illicit hosting of millions of subscription articles on the ResearchGate site“ angekündigt. Unterzeichnet wurde die Erklärung von den Unternehmen American Chemical Society, Brill, Elsevier, Wiley und Wolters Kluwer.

Ankündigt wird jetzt die Versendung von sogenannten „takedown notices“ an ResearchGate. Mit diesen „Mahnschreiben“ wollen die Verlage erreichen, dass aus ihrer Sicht unrechtmäßig zugänglich gemachte Fachartikel von der Plattform entfernt werden. Ähnliche Schritte hat Elsevier bereits 2013 gegen Academia.edu unternommen.

Darüber hinaus streben die American Chemical Society und Elsevier ein gerichtliches Verfahren an, in dem „ResearchGate’s copyright responsibility“ geklärt werden soll. Dieses Verfahren könnten aus deutscher Sicht sehr interessant werden, da es auch das Zweitverwertungsrecht in § 38 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz tangieren könnte.

Auf der Plattform des Berliner Start-Ups ResearchGate können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Artikel und Forschungsdaten teilen. Laut eigenen Angaben nutzen über 13 Millionen Forschende aus 193 Ländern das Netzwerk und teilen dort über 100 Millionen Artikel. Laut einer Studie von Jamali aus dem Februar 2017 werden knapp über 50 Prozent der Artikel auf ResearchGate ohne Zustimmung der Verlage zugänglich gemacht.

„Hamburg Open Science“ gestartet

Nachdem bereits einige Bundesländer Open-Science-Strategien (Baden-Württemberg, Berlin) oder Open-Access-Strategien (Schleswig-Holstein) auf den Weg gebracht oder angekündigt haben, hat nun auch die Hansestadt Hamburg ein Programm zur Förderung von Open Science gestartet. In einer Pressemitteilung des Hamburger Senats heißt es dazu:

„Die Ergebnisse öffentlich finanzierter Hamburger Forschung sollen frei zugänglich und einfach auffindbar für alle sein. Hamburg Open Science will in mehreren Schritten ein nutzerfreundliches Internetportal bieten, das wissenschaftliche Publikationen, Forschungsdaten und Informationen zu Forschungsprojekten, Open Access und Open Science zentral verfügbar macht. Der Senat stellt für die Umsetzung des Programms für 2018 bis zu 2,9 Mio. Euro bereit.“

Die Umsetzung von „Hamburg Open Science (HOS)“ soll ab dem Jahr 2018 in vier Programmlinien erfolgen:

  • Open-Access-Publikationen
  • Forschungsdatenmanagement
  • Forschungsinformationssysteme
  • Gestaltung des digitalen Kulturwandels

Zu diesem Programmlinien soll nach einer bereits erfolgten Vorstudie nun Prototypen realisiert werden.

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#21 HÖRSAAL“ von Rolf Appelt (CC BY-NC-SA)

Das Programm „Hamburg Open Science (HOS)“ versteht sich, laut Haushaltsplan 2017/2018 (PDF) der Hansestadt, als „eine hochschul­übergreifende Strategie, die von der Universität Ham­burg (UHH), der Technischen Universität Hamburg Harburg (TUHH), der Hochschule für Angewandte Wissenschaft (HAW), der HafenCity Universität Ham­burg (HCU), der Hochschule für bildende Künste (HFBK), der Hochschule für Musik und Theater (HFMT), dem Universitätsklinikum Hamburg­ Eppen­dorf (UKE) und der Staats­ und Universitätsbibliothek Hamburg (SUB) gemeinsam mit der Behörde für Wis­senschaft, Forschung und Gleichstellung (BWFG) […] entwickelt wurde.“

 

G7-Staaten wollen Anreize für Open Science setzen

Die G7-Wissenschaftsministerinnen und -minister haben als Ergebnis ihrer bisher fünften Konferenz in Turin ein Communiqué (PDF) veröffentlicht, dass das Thema Open Science aufgreift. Neben der Bedeutung von Forschungsinfrastrukturen für digitale Forschungsdaten betonen die G7-Staaten die Bedeutung von Anreizen für Open Science. Auszug:

„First, the incentives for the openness of the research ecosystem: the evaluation of research careers should better recognize and reward Open Science activities. Secondly, the infrastructures for an optimal use of research data: all researchers should be able to deposit, access and analyse scientific data across disciplines and at the global scale, and research data should adhere to the FAIR principles of being findable, accessible, interoperable, and reusable.“
Der Bericht (PDF) der zuständigen „G7 Open Science Working Group“ beschreibt den Handlungsbedarf für die Mitgliedsstaaten wie folgt:
  • „Recognizing Open Science practices during evaluation of research funding proposals, and research outcomes;
  • Recognizing and rewarding research productivity and impact that reflect open science activities by researchers during career advancement reviews;
  • Including credit for service activities such as reviewing, evaluating, and curation and management of research data; and,
  • Developing metrics of Open Science practices“.

Erst jüngst hat die Arbeitsgruppe „Open Science Rewards“ der Open Science Policy Platform (OSPP) der Europäischen Kommission einen Report (PDF) zum Themenfeld “Rewards/Recognition under Open Science“ veröffentlicht. Die Expertinnen und Experten empfehlen Open Science als Beurteilungskriterium für Forschende zu berücksichtigen. U. a. enthält der Report eine „Open Science Career Assessment Matrix (OS-CAM)“, die Evaluierungskriterien für Open Science in den Blick nimmt. Zum Umgang mit Forschungsdaten werden z. B. die folgenden drei Kriterien vorgeschlagen:

  • „Using the FAIR data principles“
  • „Adopting quality standards in open data management and open datasets“
  • „Making use of open data from other researchers“

Wie es scheint kommt nach Jahren des Stillstands etwas Bewegung in die Diskussion um zeitgemäße Anreize und transparente Metriken für Forschende, die die Entwicklung von Open Science aktiv unterstützen.

Verlage greifen Berliner Start-up ResearchGate an

Der Verband der Wissenschaftsverlage STM hat die Kanzlei Caemmerer Lenz beauftragt, das unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beliebte soziale Netzwerk ResearchGate anzugehen.

In einem Schreiben (PDF) fordert die Kanzlei das Berliner Start-Up auf, gemeinsam mit dem STM-Verband ein “new system” zu implementieren, dass sicherstelle, dass Fachartikel nur noch nach Zustimmung der von STM vertretenen Verlage auf der Plattform geteilt werden. Stimmt ResearchGate der Implementierung dieses Systems nicht zu, drohen die Wissenschaftsverlage mit Klagen.

Auf der von Angela Merkel gelobten und von Bill Gates mitfinanzierten Plattform können Forschende Artikel und Forschungsdaten teilen. Laut eigenen Angaben nutzen über 13 Millionen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 193 Ländern das Netzwerk und teilen dort über 100 Millionen Artikel. Darunter auch 63 Nobelpreisträgerinnen und -träger.

ResearchGate selbst übernimmt – im Gegensatz zu den Open-Access-Repositorien an wissenschaftlichen Einrichtungen – bei der öffentlichen Zugänglichmachung der Fachartikel keine Prüfung der jeweiligen Rechtesituation, informiert jedoch auf Basis der Datenbank “SHERPA RoMEO” über die Möglichkeiten des “self-archiving”. Diese Datenbank gibt Auskunft, ob und unter welchen Bedingungen die Zweitveröffentlichung eines Artikels möglich ist.

Laut einer Studie von Jamali aus dem Februar 2017 werden knapp über 50 Prozent der Artikel auf ResearchGate ohne Zustimmung der Verlage zugänglich gemacht. Verständlicherweise befassen sich nur wenige Forschende mit der Rechtesituation ihrer Artikel, ihr Ziel ist die optimale Sichtbarkeit ihrer Ergebnisse sowie die umfassende Darstellung ihrer Forschungsleistung im Web. Jamali berücksichtigt in seiner Studie im Fachjournal Scientometrics jedoch nicht die deutsche Rechtslage, die durch das Zweitveröffentlichungsrecht nach § 38 UrhG durchaus die öffentliche Zugänglichmachung – unter bestimmten Umständen – erlaubt und damit auch auf ResearchGate wirkt.

Wenig überraschend wird das Vorgehen des STM-Verbandes insbesondere durch den Verlagsgiganten Elsevier befeuert, der sich aktuell bereits mit dem gesamten deutschen Wissenschaftsbetrieb im Streit befindet (172 Kündigungen) und sich über die letzten Jahre in der wissenschaftlichen Community sehr unbeliebt gemacht hat.

Während STM zu der Causa gegen ResearchGate nicht informiert, begrüßt Elsevier das Vorgehen in einer Pressemitteilung und macht auch gleich das Schreiben der Kanzlei an ResearchGate öffentlich. Auch die deutschen STM-Mitglieder De Gruyter, Hogrefe oder die Thieme Publishing Group halten sich bedeckt. Offenbar wird ein möglicher Imageschaden durch eine Klage gegen das beliebte Netzwerk befürchtet.

Siehe auch die lesenswerte Zusammenfassung von David Pachali auf irights.info.

Open Science Monitor der EU-Kommission online

Der „Open Science Monitor“ der EU-Kommission ist online. Auszug aus der Beschreibung des Tools zum Monitoring von Open Science in Europa:

„The Open Science Monitor supports open science initiatives in Europe. It provides a way to assess developments in open science and particularly trends in open science activities over time and comparatively between countries and scientific disciplines. […] The monitor was commissioned by the European Commission Directorate-General for Research and Innovation. It was developed by several partners, led by RAND Europe with the support of Digital Science, Altmetric, figshare and Deloitte.“

Für den Bereich „Open Research Data“ werden Daten  von re3data verwendet:

Open Science Monitor

Eine ausführliche Darstellung der Methodik findet sich auf der Website des Monitors (PDF). Der Monitor greift auf folgende Quellen zu: 101innovations, Altmetric, arXiv, bioRxiv, Clarivate Analytics, F1000Research, figshare, GenBank, Helmholtz-Centre for Environmental Research – UFZ and German Centre for Integrative Biodiversity Research (iDiv), Nature Publishing Group and Palgrave Macmillan, OpenAIRE, PeerJ preprints, Publons, re3data.org, RePEc, SHERPA/RoMEO, SHERPA/JULIET, Taylor & Francis und Wiley. In Zukunft sollen weitere Quellen, z. B. zur offenen Zugänglichmachung von wissenschaftlicher Software und Open Educational Resources integriert werden.

Next-generation metricsPassend zum Thema Metriken für Open Science hat heute die „Expert Group on Altmetrics“, die die Generaldirektion Forschung und Innovation der EU-Kommission berät, ihren Abschussbericht unter dem Titel „Next-generation metrics: Responsible metrics and evaluation for open science“ veröffentlicht.

Die fünf Kernaussagen des lesenswerten Reports lauten: „An open science system should be grounded in a mix of expert judgement, quantitative and qualitative measures“; „Transparency and accuracy are crucial“; „Make better use of existing metrics for open science“;“Next generation metrics should be underpinned by an open, transparent and linked data infrastructure;“ sowie „Measure what matters“.  Damit wird ein deutlicher Kurswechsel bei der Evaluierung von Forschungsleistung vorgeschlagen.

Die Expertinnen und Experten der Arbeitsgruppe empfehlen auch den Standard ORCID zur Identifikation von Autorinnen und Autoren und weiteren Beteiligten im Forschungsprozess verpflichtend im kommenden Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (FP9) zu verankern.

Disclosure: Ich bin in zwei der genannten Initiativen involviert: re3data und ORCID DE.

Akademien positionieren sich zur wissenschaftlichen Publikationspraxis

Die Académie des sciences, die Leopoldina und die Royal Society haben gemeinsame Leitsätze (deutsch/englisch) für eine gute wissenschaftliche Publikationspraxis veröffentlicht. Eine Pressemitteilung der Leopoldina fasst diese zusammen:

„Die Académie des sciences, die Leopoldina, und die Royal Society orientieren sich in ihren Leitsätzen für gute wissenschaftliche Publikationspraxis an vier Kriterien: wissenschaftliche Informationen sollen effizient und hochwertig verbreitet, Interessenkonflikte vermieden, die Artikel fair geprüft und Auswahl und Redaktion durch anerkannte Wissenschaftler verantwortet werden.“

U. a. sprechen sich die drei Akademien für die Nutzung von Preprint-Servern aus. Mit der Gründung von SocArXiv, engrXiv, ChemRxiv und PsyArXiv erleben diese gerade eine Renaissance. Auszug aus den Leitsätzen:

„Um Verzögerungen bei der Verbreitung wissenschaftlicher Ergebnisse zu minimieren, sollten Artikel in offenen Archiven (auf so genannten Preprint-Servern) zugänglich gemacht werden.“

Darüber hinaus positionieren sich die drei Akademien zu Open Access:

„Wir unterstützen die Grundsätze von Open Access und würden es begrüßen, wenn so bald wie möglich sämtliche veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten unter offener Lizenz frei verfügbar wären – bei Publikationskosten, die für die wissenschaftliche Community tragbar sind. Wir unterstützen sowohl den „Grünen“ als auch den „Goldenen Weg“ im Bereich Open Access und sind überzeugt, dass die Mittel, die derzeit in Abonnements von Fachzeitschriften fließen, in die Finanzierung von Publikationsgebühren umgeleitet werden sollten.“

Die Leitsätze wurden dem EU-Kommissar für Forschung Wissenschaft und Innovation, Carlos Moedas gestern übergeben.

Wissenschaftsorganisationen kritisieren Lizenz-Angebot von Elsevier

Im Rahmen des Projektes „DEAL – bundesweite Lizenzierung von Angeboten großer Wissenschaftsverlage“ haben wissenschaftliche Einrichtungen in Deutschland im Sommer begonnen einen nationalen Vertrag mit dem Verlagsgiganten Elsevier zu verhandeln. Eine Pressemitteilung der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen informiert jetzt über den Stand der Verhandlungen:

„Nach mehrmonatigen intensiven Verhandlungen hat der Verlag Elsevier der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen ein erstes Angebot für eine bundesweite Lizenz für den Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen vorgelegt. Das Angebot entspricht nach Überzeugung der Allianz nicht den Prinzipien von Open Access und einer fairen Preisgestaltung. Trotz der derzeit bei 40 Prozent liegenden Umsatzrendite setzt der Verlag weiter auf Preissteigerungen jenseits der bislang bezahlten Lizenzsummen. Der Verlag lehnt transparentere Geschäftsmodelle ab, die auf der Publikationsleistung basieren und Publikationen offener zugänglich machen würden.“

Aufgrund der aggressiven Preispolitik und des aktiven Lobbyings des Verlages gegen Open Access haben seit 2012 im Rahmen der Initiative „Cost of Knowledge“ über 16.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Zusammenarbeit mit Elsevier eingestellt. Mehrere wissenschaftliche Einrichtungen haben im Kontext von DEAL ihre Verträge mit Elsevier zum Ende dieses Jahres gekündigt u.a. die Staatsbibliothek zu Berlin.

DEAL ist m. E. das wichtigste Projekt wissenschaftlicher Bibliotheken in Deutschland seit vielen Jahren. Es ist zu hoffen, dass alle wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland DEAL aktiv und geschlossen unterstützen und damit ein klares und deutliches Zeichen gegen das wissenschaftsfeindliche Geschäftsgebaren von Elsevier setzen. Das Statement der League of European Research Universities (LERU)  „Christmas is over. Research funding should go to research,  not to publishers!“ aus 2015 sollte weiterhin die Richtung vorgeben.

Update, 04.12.2016: Elsevier-Statement

Elsevier beschreibt in einem Statement, das mich über die PR-Agentur des Verlages erreichte, seine Sicht auf die Verhandlungen:

„Elsevier wurde von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) darum gebeten, an vertraulichen Verhandlungen teilzunehmen, um erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine landesweite Vertragsvereinbarung für wissenschaftliche Literatur zu entwickeln. Wir sind diesem Ansinnen nachgekommen und haben Vorschläge für eine Abonnement-Lizenz und separat für Open-Access-Publikationen für deutsche Forscher gemacht.“

„Elsevier wurde auch darum gebeten, einen Vorschlag zu machen, der landesweit mehr Inhaltsvolumen sowie bedeutend mehr Institutionen umfasst, als es momentan über individuelle Verträge der Fall ist. Dies erhöht die Komplexität und das Gesamtvolumen des zu verhandelnden Vertrages.“

Der Verlag macht mit diesem Statement deutlich, dass er Open Access und Subskription weiterhin separat betrachtet. Damit wird deutlich, dass Elsevier kein Interesse an einer Transformation hin zu Open Access hat. Wenig überzeugend ist die Argumentation, mit der Elsevier seine Preissteigerung zu erklären versucht: Dass ein nationaler Vertrag, bei dem der Verlag nur noch mit einer Partei in Deutschland verhandelt, tatsächlich die Komplexität auf Seites des Verlages erhöht, darf bezweifelt werden.

Als Kernaussage dieses Statement bleibt damit nur die wenig überraschende Botschaft, dass der Verlag trotz der zu erzielenden Einsparungen, die über einen zentralen Vertrag zu erreichen sind, auf Preissteigerungen setzt. Dass die wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland diese Preispolitik nicht mehr länger mittragen, ist aus Sicht der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein gutes Zeichen.  Äußerst lesenswert ist in diesem Zusammenhang der Blogpost  „Time for Elsexit?“ des Mathematikers Timothy Gowers. Laut Elsevier wurde jetzt beschlossen „die Gespräche bis Anfang des neuen Jahres zu pausieren“.

Alle Forschende in Deutschland, die weiterhin in Elsevier-Journals publizieren, für Elsevier-Journals begutachten oder in den Editorial-Boards von Elsevier-Zeitschriften sitzen, sollten die Verhandlungspause nutzen, um über ihren Beitrag zur Gestaltung eines nachhaltigen und transparenten Publikationssystems nachzudenken, denn jede Einreichung, jedes Review und jede Mitarbeit im Editorial-Board eines Elsevier-Journals stärkt die Machtposition des Verlages.

BMBF verankert Open-Access-Richtlinie

In der im September veröffentlichten Open-Access-Strategie des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Forschungsministerium bereits angekündigt Open Access als „Grundprinzip“ in der eigenen Forschungsförderung zu verankern. Der genaue Wortlaut der Open-Access-Richtlinie wurde in der Strategie jedoch noch offen gehalten.

In der jetzt im Bundesanzeiger vom 15.11.2016 veröffentlichten „Richtlinie zur Förderung der Maßnahme ‚Migration und gesellschaftlicher Wandel’ im Rahmen des Forschungsrahmenprogramms „Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften“ findet sich nun der Wortlaut der Open-Access-Richtlinie:

„Wenn der Zuwendungsempfänger seine aus dem Forschungsvorhaben resultierenden Ergebnisse als Beitrag in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht, so soll dies so erfolgen, dass der Öffentlichkeit der unentgeltliche elektronische Zugriff (Open Access) auf den Beitrag möglich ist. Dies kann dadurch erfolgen, dass der Beitrag in einer der Öffentlichkeit unentgeltlich zugänglichen elektronischen Zeitschrift veröffentlicht wird.

Erscheint der Beitrag zunächst nicht in einer der Öffentlichkeit unentgeltlich elektronisch zugänglichen Zeitschrift, so soll der Beitrag − gegebenenfalls nach Ablauf einer angemessenen Frist (Embargofrist) − der Öffentlichkeit unentgeltlich elektronisch zugänglich gemacht werden (Zweitveröffentlichung). Im Falle der Zweitveröffentlichung soll die Embargofrist zwölf Monate nicht überschreiten.

Das BMBF begrüßt ausdrücklich die Open Access-Zweitveröffentlichung von aus dem Vorhaben resultierenden wissenschaftlichen Monographien.“

D. h. die Open-Access-Richtlinie des BMBF kann sowohl auf dem Grünen, als auch auf dem Goldenen Weg umgesetzt werden. Bei der Publikation in einer tradierten Subskriptionszeitschrift soll der Artikel innerhalb von zwölf Monaten freizugänglich gemacht werden (z. B. über ein Open-Access-Repositorium).

In einer weiteren Ausschreibung des Ministeriums findet sich noch ein Hinweis zur Umsetzung auf dem Goldenen Weg und den damit ggf. verbundenen Publikationsgebühren. So heißt es in dem BMBF-Call „Stärkung der Forschung in der Geriatrie und Gerontologie“:

„Ausgaben für Publikationsgebühren, die für die Open-Access-Publikation der Vorhabenergebnisse während der Laufzeit des Vorhabens entstehen, können grundsätzlich erstattet werden.“

Mit der Verankerung setzt das BMBF u.a. Empfehlungen der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ (2012), der EU-Kommission (2012), der Expertenkommission für Forschung und Innovation der Bundesregierung (2013) und des Rates für Wettbewerbsfähigkeit (2016) auf.

Kudos an das BMBF! Dies ist ein wichtiger und richtiger Schritt zur Förderung von Open Access in Deutschland. Die Richtlinie harmoniert mit den Vorgaben der Europäischen Kommission in Horizon 2020 mit der bereits viele Forschende in Deutschland vertraut sind.

Wie zitiere ich ein DOI korrekt?

Im nächsten Jahr feiert der Digital Object Identifier (DOI) seinen 20. Geburtstag. Die „Fachartikelnummer„, wie die FAZ den DOI nennt, hat sich fest im Bereich des digitalen Publizierens in den MINT-Fächer etabliert. Jetzt hat CrossRef, die Registrierungsagentur für DOIs im Feld der wissenschaftlichen Textpublikationen, ihre „DOI display guidelines“ aktualisiert. DOIs sollen nun als operable URIs dargestellt werden.
Statt
doi:10.NNNN/doisuffix

soll nun eine „klickbare“ Darstellung der DOI angegeben werden:

http://dx.doi.org/10.NNNN/doisuffix

In der Begründung schreibt CrossRef:

„Previously, Crossref recommended that DOIs be displayed in the format doi:10.NNNN/doisuffix At the time that the DOI system was first envisioned, it was thought that doi: would become native to browsers and automatically resolve DOIs. It appears unlikely that that will happen.“

Auch DataCite, die Registrierungsagentur für DOIs für Forschungsdaten, empfiehlt diese Darstellung in der jüngst veröffentlichten Version 4.0 ihres Metadatenschemas. Dort heißt es:
„For citation purposes, DataCite prefers that DOI names are displayed as linkable, permanent URLs.“

 

Ähnlich ist es übrigens auch bei ORCID, der eindeutigen Kennung für Forschende. Auch hier wird die Darstellung der ORCID iD als operabler URI empfohlen.

 

Wäre toll, wenn die Wissenschaftsverlage sich an diese Empfehlungen halten würden. Leider setzten aktuell weder De Gruyter (Beispiel), Springer (Beispiel) oder Thieme (Beispiel) diese Empfehlungen um.

 

Btw: Sehr geehrte Wissenschaftsjournalistinnen und Wissenschaftsjournalisten, es wäre ganz toll, wenn Sie in Ihren Artikel die DOIs der Studien über die Sie berichten mit Hilfe der DOI zitieren könnten. Dank des „shortDOI Service“ geht dies recht einfach und nimmt kaum Zeichen weg.

BMBF veröffentlicht Open-Access-Strategie

Etwas verzögert der Hinweis auf die jüngst veröffentlichte Open-Access-Strategie des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Auszug aus der Pressemitteilung des Ministeriums:

„Eine zentrale Maßnahme der neuen BMBF-Strategie ist die Einführung einer Open Access-Klausel für alle durch das BMBF geförderten Projekte. Wissenschaftliche Artikel aus vom BMBF geförderten Projekten sollen entweder gleich unter einem Open Access-Modell publiziert oder nach Ablauf einer Embargofrist in einen geeigneten Dokumentenserver eingestellt werden können. Die Forscherinnen und Forscher bleiben dabei frei in ihrer Wahl, ob und in welcher Zeitschrift sie veröffentlichen wollen.“

open-access-in-deutschlandNeben diesem Vorhaben werden in der zwölfseitigen Strategieschrift (PDF) weitere Maßnahmen des BMBF zur Förderung von Open Access beschrieben. Wisspub-Autor Marco Tullney hat die Strategie im TIB-Blog ausführlich kommentiert.

Seitdem es bereits seit einigen Monaten Anforderungen an die offene Zugänglichkeit von Forschungsdaten in diversen BMBF-Ausschreibungen gibt, leistet das Ministerium mit der jetzt angekündigten Verankerung von Open Access in der Forschungsförderung einen wichtigen Beitrag zur Verankerung von Open Science im europäischen Forschungsraum.

Auf die Entwicklung einer Open-Access-Strategie hatten sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag geeinigt. In einem Interview mit der „Welt“ erläutert Bundesministerin Johanna Wanka das Anliegen der jetzt vorgestellten Open-Access-Strategie.