Gestern hat das White House Office of Science and Technology Policy (OSTP) der Biden-Harris Administration angekündigt, das Jahr 2023 unter das Motto Open Science zu stellen.
Mit Fördermitteln, einer Weiterentwicklung der Forschungsinfrastruktur, sowie einer Verbesserung der Forschungsbeteiligung für Early Stage Researchers soll das Anliegen des „open and equitable research“ gestärkt werden.
In einem Factsheet informiert das OSTP über die Aktivitäten der forschenden US-Bundesbehörden im Open-Science-Jahr. Im Kern stehen Maßnahmen, die die Umsetzung des wegweisenden Open-Science-Memorandums (das sogenannte „Nelson Memo“) aus dem August 2022 befördern. Nach diesem Erlass sind die US-Behörden aufgefordert sicherzustellen, dass wissenschaftliche Publikationen, und in vielen Fällen auch Forschungsdaten, ab 2026 auf Open-Access-Repositorien offen zugänglich gemacht werden (siehe Artikel hier im Blog dazu).
Webseite open.science.gov
Auf der Webseite open.science.gov werden Informationen zu den Open-Science-Aktivitäten der US-Behörden gesammelt. Über die Webseite steht auch ein zentraler Sucheinstieg zu den Open-Access-Repositorien der Behörden (u.a. NASA, NIH et al.) zur Verfügung.
Interessant ist auch, dass das OSTP eine offizielle Definition für Open Science in den USA vorstellt. Diese lautet:
„The principle and practice of making research products and processes available to all, while respecting diverse cultures, maintaining security and privacy, and fostering collaborations, reproducibility, and equity.“
Angekündigt werden in dem Factsheet darüber hinaus weitere Maßnahmen zur Förderung von Open Science. U. a. wird die Initiative „Transform to Open Science (TOPS)“ der NASA aufgegriffen. Unter dem Motto „Transform to Open Science“ widmet sich die NASA von 2022 bis 2027 in einem Schwerpunktprogramm der Weiterentwicklung von Open Science.
Heute hat das White House Office of Science and Technology Policy (OSTP) seine Open-Science-Policy aus dem Jahr 2013 aktualisiert. In einem wegweisenden Memorandum (PDF) unter dem programmatischen Titel “Ensuring Free, Immediate, and Equitable Access to Federally Funded Research” der Biden-Administration werden die US-Bundesbehörden (z. B. NASA und NSF) zur Umsetzung folgender drei Punkte verpflichtet:
„Update their public access policies as soon as possible, and no later than December 31st, 2025, to make publications and their supporting data resulting from federally funded research publicly accessible without an embargo on their free and public release;
Establish transparent procedures that ensure scientific and research integrity is maintained in public access policies; and,
Coordinate with OSTP to ensure equitable delivery of federally funded research results and data“.
Während die aktuelle Open-Science-Policy, erlassen im Jahr 2013 von der Obama-Administration, bei der Umsetzung von Open Access zu wissenschaftlichen Artikeln noch eine Embargo-Periode von 12 Monaten vorsah (PDF), wird diese Sperrfrist nun abgeschafft. Zukünftig müssen peer-reviewed Publikationen, die im Rahmen der öffentlich geförderten Forschung der Bundesbehörden entstehen, mit ihrem Erscheinen offen zugänglich gemacht werden. (Eine Übersicht der Implementierungen der 2013er-Policy in den einzelnen US-Behörden bietet Science.gov. Ein Report für den US-Kongress, der ebenfalls heute veröffentlicht wurde beleuchtet die Hintergründe der Abschaffung des 12-Monats-Embargos.)
Verlagsverbände hatten im Vorfeld gegen die „zero embargo“ Open-Access-Policy protestiert. Seit dem Plan S, den eine Gruppe von Forschungsfördern, darunter auch die EU-Kommission, im Jahr 2018 auf den Weg brachte, gewinnt die Verbreitung dieser „zero embargo“ Policies jedoch auf internationaler Ebene an Verbreitung.
Über Open Access hinaus wird auch das Themenfeld Open Research Data in dem Memorandum adressiert. Unter Bezugnahme auf die erfolgreiche Anwendung von Open-Science-Praktiken bei der Erforschung von COVID-19 müssen die Bundesbehörden zukünftig sicherstellen, dass Mittelempfänger:innen ihrer Fördermittel, auch die Forschungsdaten, die einer wissenschaftlichen Veröffentlichung zugrunde liegen, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung frei verfügbar und öffentlich zugänglich gemacht werden, falls dem keine Beschränkungen entgegenstehen.
Bei der Realisierung des offenen Zugangs zu Forschungsdaten betont das OSTP die Bedeutung von Persistenten Identifikatoren (PDIs) zur dauerhaften Identifikation und Vernetzung von Forschungsdaten.
Memorandum: „Ensuring Free, Immediate, and Equitable Access to Federally Funded Research“
Bei dem Betrieb von digitalen Forschungsdaten-Repositorien müssen zukünftig die Anforderungen des National Science and Technology Council (NSTC) aus dem Mai berücksichtigt werden.
SPARC, eine Vereinigung von wissenschaftlichen Einrichtungen und Bibliotheken in den USA, begrüßt den Schritt der US-Regierung als “enormous leap forward” in der längjährigen Diskussion um die Realisierug von Open Science.
Neben der deutlichen Forderung nach der sofortigen Umsetzung von Open Access und Open Research Data, ist die prominente Rolle von digitalen Repositorien in dem Memorandum des OSTP bemerkenswert. Spannend wird nun sein, wie die Behörden die Anforderungen in ihrer Förderpraxis im Detail umsetzten.
Dazu passend: Bereits im Juli wurde Open Science als Teil der Innovationspolitik der USA im sogenannten „Chips and Science Act“ verankert.
Aktuell machen Gerüchte über die Planung einer Executive Order der US-Administration zum Thema Open Access die Runde: Wie das Blog The Scholarly Kitchen berichtet, soll eine Verordnung in Arbeit sein, die die US-Behörden verpflichten würde, eine „zero embargo“ Open-Access-Policy umzusetzen. Eine Executive Order ist eine Durchführungsverordnung der US-Regierung, die ohne weitere Abstimmungen im Kongress rechtlich bindend verankert werden kann.
Die aktuelle Policy der US-Regierung aus dem Jahr 2013 sieht eine Embargoperiode von 12 Monaten vor (PDF). Sie gilt für die forschenden und forschungsfördernden Behörden in den USA wie z. B. die Weltraumbehörde NASA und die National Institutes of Health (NIH). Eine Übersicht der Implementierungen dieser Policy in den einzelnen US-Behörden bietet Science.gov.
Gestern hat nun die Association of American Publishers (AAP) einen offene Brief veröffentlicht, der von über 125 Fachgesellschaften und Verlagen (u. a. Elsevier und Wiley) unterzeichnet wurde und vor der Verankerung einer solchen Open-Access-Policy warnt. In einer begleitenden Pressemitteilung des Verlagsverbandes AAP heißt es:
„In a new major letter signaling deep concern, more than 125 organizations – representing publishers in scientific and medical societies, global companies, and the U.S. Chamber of Commerce – have expressed their strong opposition to a proposed Administration policy that would mandate immediate free distribution of peer-reviewed journal articles reporting on federally funded research.“
In dem offenen Brief (PDF) schildern die Verlage und verlegerisch tätigen Fachgesellschaften ihre Bedenken gegen das Vorhaben:
„Going below the current 12 month “embargo” would make it very difficult for most American publishers to invest in publishing these articles. As a consequence, it would place increased financial responsibility on the government through diverted federal research grant funds or additional monies to underwrite the important value added by publishing. In the coming years, this cost shift would place billions of dollars of new and additional burden on taxpayers. In the process, such a policy would undermine American jobs, exports, innovation, and intellectual property.“
In der Pressemitteilung findet sich die völlig absurde Behauptung, dass im aktuellen wissenschaftlichen Publikationssystem keine Kosten für die/den Steuerzahler*in anfallen:
„Hundreds of non-profit and commercial publishers across America make significant investments, at no cost to taxpayers, to finance the peer-review, publication, distribution, and long-term stewardship of these articles.“
Dabei sind die steuerfinanzierten US-Behörden zentrale Kunden der Verlagsdienstleistungen.
Interessanterweise wird in dem Schreiben der Verlage auch der Umgang mit Forschungsdaten adressiert. Dazu stellen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Briefes fest:
„We write to express our strong opposition to this proposal, but in doing so we want to underscore that publishers make no claims to research data resulting from federal funding.“
Auch wurde ein Brief (PDF) des US-Senator Thom Tillis (R-NC), Chairman of the Senate Judiciary Intellectual Property Subcommittee, an die US-Administration veröffentlicht, in dem dieser seine Bedenken gegen das Vorhaben äußert.
Dass mit der Herausgabe von Open-Access-Zeitschriften und so mit den Bedingungen einer „zero embargo“ Open-Access-Policy durchaus Geld zu verdienen ist, wie viele Open-Access-Verlage beweisen, unterschlagen die Verlage in ihrer Positionierung völlig. Auffallend ist auch, dass der Verlag Springer Nature, der sich selbst als „largest OA publisher“ bezeichnet, das Schreiben nicht unterzeichnet hat. Auch die wohl größte Fachgesellschaft in den USA, die American Association for the Advancement of Science (AAAS), trägt das Schreiben nicht mit.
In der sogenannten “cOAlition S” arbeiten bereits einige Forschungsförderer, u. a. die Europäischen Kommission, der Europäischen Forschungsrat (ERC) und die Weltgesundheitsorganisation WHO, an der Umsetzung einer „zero embargo“ Open-Access-Policy namens “Plan S”, die ab 2021 in Kraft treten wird. Mittelempfängerinnen und -empfänger dieser Förderorganisationen müssen ab dem 01.01.2021 Ergebnisse aus geförderten Projekten in offen zugänglichen Open-Access-Zeitschriften oder -Repositorien unter „zero embargo“-Bedingungen veröffentlichen.
Es bleibt spannend! Jedoch: Gerücht ist Gerücht und nicht mehr!
Wie wird sich ein globaler Wechsel zu Gold OA basierend auf Article Processing Charges (APCs) finanziell auf forschungsintensive Universitäten auswirken? Die mit einem 800’000$-Grant der Mellon-Foundation unterstützte Studie „Pay it Foward“ (185 Seiten) ging dieser Frage an den Beispielen der grossen nordamerikanischen Universitäten British Columbia, California, Harvard und Ohio State nach.
Ermittlung Forschungsoutput über Scopus und Web of Science
Für die einzelnen Universitäten wurden zunächst aus Scopus und Web of Science Daten über das Publikationsverhalten der Universitäten ermittelt. Im Fokus standen Zeitschriftenartikel (inkl. Reviews) und Konferenzbeiträge von 2009-2013. Mit spezieller Unterstützung durch Elsevier und Thomson Reuters wurde die institutionelle Zugehörigkeit von AutorInnen und Corresponding-Authors identifiziert. Je nach Messmethode (Umgang mit Corresponding Authors, die mehrere Affiliations haben) und Datenbank wurde eine Corresponding-Author-Quote zwischen 45-61 Prozent ermittelt. Dieser Anteil deckt sich mit den Erfahrungen der Max Planck Digital Library. In einem weiteren Schritt wurden die Daten von Scopus mit denen von Web of Science zusammengeführt.
Ermittlung Subskriptions- und Open Access Bezahlungen.
Aufgrund einer „in-scope Titel Liste“ (ohne Aggregatoren oder Backfile-Einkäufe) wurde bei den Bibliotheken die Subskriptionsausgaben (nach Rechnungsjahren) gesammelt. Die Zahlen zeigten, dass inzwischen weit über 90% der betrachteten Ausgaben nur für e-only aufgewendet werden. Bei der University of British Columbia im Jahre 2013 bereits 97%. Für den weiteren Studienverlauf wurde deshalb auf eine Unterscheidung von Print und Elektronisch verzichtet. Zusätzlich wurden die Ausgaben für Open Access in Form von Verlags-Mitgliedschaften oder APC-Zahlungen erfasst. Insgesamt wurde im Jahr 2013 von allen Hochschulbibliotheken gut 50 Millionen Dollar für Subskriptionen bezahlt, für Gold OA jedoch bloss $365’000!
Um herauszufinden welche Kosten auf die Universitäten zukämen, wenn künftig die Publikationen überwiegend per APCs bezahlt werden müssten, wollte man von möglichst realistischen APCs ausgehen. Es wurde versucht sich dem „richtigen“ Preis von verschiedenen Seiten zu nähern.
Hier ergab sich eine durchschnittliche APC von $1865.
b) Preisangaben der Verlage/Journals.
Durch die Studien Solomon und Björk (2012) und Morrison et al. (2015) standen bereits nutzbare Daten zur Verfügung, was Verlage/Journals auf ihren Webseiten für Preise angaben. Für die weitere Auswertung wurden die Daten von Morrison et al. durch das Studienteam zu Beginn 2016 auf den neusten Stand gebracht und auf die aus WoS/Scopus extrahierten Publikationen bzw. die eigenen Disziplinen gemappt:
Hier ergab sich eine durchschnittliche APC von $1864 auf Journal-Level, bzw. $1892 auf Artikelebene. Wie auch schon bei der Analyse der europäischen APCs erweist sich eine disziplinspezifische Betrachtung aufgrund ungleicher Verteilung (kaum Daten bei den Geistes- und Sozialwissenschaften oder der Ökonomie) als wenig aussagekräftig. Eine ausführliche Analyse zu diesen APCs wurde inzwischen auch ausgelagert veröffentlicht (Solomon & Björk 2016).
Eine Kategorisierung der OA-Publikationen nach Bezahlmodell zeigt sehr deutlich die heutige Dominanz des APC-Modells: 89% von 22’209 OA-Artikel sind in APCs-basierten Zeitschriften publiziert worden. Diese Tatsache relativiert das trügerische Bild, welches sich aus der Betrachtung von Journals im DOAJ ergibt, wonach eine Mehrheit der dort verzeichneten Journals keine APC verlangt.
In was für Open Access Journals publizieren AutorInnen der Universitäten British Columbia, California, Harvard und Ohio State? Eine Kategorisierung der OA-Journals in denen im Zeitraum 2009-2013 mindesten 10 Artikel erschienen sind.
Interessanterweise weisen die Bibliotheken insgesamt nur Ausgaben von $365’000 für Open Access ($159’000 OA memberships + $206’000 APC Payments) aus. Daraus lässt sich klar schliessen, dass das Geld, das AutorInnen für Open Access bisher aufgewendet haben, nur zu einem winzigen Teil von den Bibliotheken stammt. D.h. auch die nordamerikanischen Bibliotheken haben es in den vergangenen Jahren verschlafen, das wachsende Bedürfnis nach finanzieller Unterstützung beim OA-Publizieren anzugehen.
c) Preisberechnung mit Source Normalized Impact per Paper (SNIP)
Nun ist es kein Geheimnis, dass insbesondere kommerzielle Verlage zurzeit ihre Preise nicht an ihren realen Kosten, sondern häufig an der Reputation (Impact Factor) ihrer Journals ausrichten.
Die „Pay it forward“-Studie hat diese gängige Preissetzung untersucht und eine positive Korrelation zwischen der Höhe der APC und der „Qualität“ gemessen als Source Normalized Impact per Paper (SNIP ; = Elseviers offenes Pendant zum Impact Factor) eines Journals festgestellt. Nach einer Regressionsanalyse getrauen sich die StudienautorInnen sogar eine Formel bekannt zu geben, mit welcher sich für jedes Journal mit einem SNIP die voraussichtliche APC ausrechnen lässt.
APC = 1147.68 + 709.4 * SNIP
Beispiel: Für das Journal Water Research (IF 6 / SNIP 2.4) wäre die APC demzufolge:
1147.68+ 709 * 2.4 = 2849 USD
(Wobei Elsevier heute im Hybrid-Modus interessanterweise 3500$ verlangt).
d) effektive Verlagskosten
Aus der Literatur und teils anonymen Quellen der Verlagsindustrie, den Steuerangaben von Non-Profit-Verlagen in den USA (990 Tax Form) und einer Umfrage bei der Association of Learned & Professional Society Publishers (ALPSP) versuchten die Studienautorinnen ebenfalls die effektiven Verlagskosten in Erfahrung zu bringen.
Man erkennt schnell, dass keine Klarheit über die effektiven Kosten besteht. Ein ähnliches Resultat hatte schon der Beitrag „The true cost of science publishing“ ergeben. Die Pay it Forward-Studie legt jedoch nahe, dass mit mindestens $1000 Dollar als Kosten eines Artikel gerechnet werden muss.
Ermittlung Break-Even APCs
Mit dem verfügbaren Subskriptionenbudget der Bibliothek und dem Publikationsverhalten konnte pro Hochschule Break-Even APCs ausgerechnet werden. Dabei wurde vorsichtshalber davon ausgegangen, dass künftig für alle Artikel eine APC bezahlt werden müsste:
Man sieht schnell, dass der Umstieg für auf ein vollständig APC basiertes Modell alleine mit dem heute eingesetzten Bibliotheksbudget und dem heutigen Durchschnittspreis von ca. 1850$ pro APC für die meisten Universitäten finanziell nicht möglich sein wird.
Verschiedene Finanzierungsmodelle für eine Gold OA Welt
Die Studie geht deshalb in Folge davon aus, dass bei einer Umstellung zu Gold OA das Geld zunehmend auch von anderen Quellen, insbesondere die von Forschungsförderer kommen muss. Es werden verschiedene Modelle skizziert, wie bei einem Wechsel auf Gold OA die Kosten für APCs zwischen Bibliothek, Forschungsförderer und anderen Geldquellen sinnvoll aufgeteilt werden können. Ein wesentliches Element dieser Modelle ist der stärkere finanzielle Einbezug der Forschenden. Die Hoffnung besteht, dass diese eine (neue) Sensibilität hinsichtlich Preis von Verlagsleistung entwickeln.
Qualitativer Teil: Faktoren zur Auswahl des Journals
Die Studie beinhaltet auch einen qualitativer Teil, bei dem mit Fokusgruppen und Umfragen ermittelt wurde, was Forschende über das wissenschaftliche Publizieren, OA und den finanziellen Aspekten denken. Dieser Teil wurde inzwischen separat veröffentlicht (Tenopir et al. 2016).
Die Resultate bestätigen grundsätzlich vorhergehende Arbeiten (mitunter auch die Resultate meiner Masterarbeit). Die Idee von Open Access für Perspektive des Lesers wird durchgängig begrüsst. Beim eigenen Publizieren spielt OA jedoch nachwievor untergeordnet eine Rolle. Qualität, Reputation, inhaltliche Übereinstimmung, erwartetes Publikum, Chance angenommen zu werden, Geschwindigkeit vom Einreichen zur Publikation oder die Herausgeber sind wichtigere Faktoren bei der Wahl eines Journals als OA.
Desweiteren gibt es disziplin-spezifische Unterschiede. Etwas zugespitzt: Physiker und Mathematiker brauchen Gold OA nicht, da sie ja ArXiv haben. Für Mediziner und Biologen sind APCs schon fast Alltag. Geistes- und Sozialwissenschaftler haben Vorbehalte gegenüber APCs.
Fazit
Das wesentliche Resultat der Studie ist durchaus keine Überraschung, wie David Crotty auf Scholarly Kitchen zutreffend kommentiert. Es war immer wahrscheinlich anzunehmen, dass forschungsintensive Institutionen bei einem Wandel zu Gold OA stärker zur Kasse gebeten werden könnten. Dennoch ist es wichtig diese Annahme einmal mit offiziellem Zahlenmaterial untermauert zu sehen.
Was die Studie leider nicht liefert, ist ein Vergleich zwischen den Ausgaben und Publikationen auf Stufe Verlag. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es bei einer Transformation zu OA auch bei den Verlagen grössere Gewinner und Verlierer geben würde.
Zumindest zeigen die Zahlen aus der Schweiz, insbesondere diejenige der forschungintensiven ETH Zürich, dass ein Wechsel auf Gold OA zumindest bei den Verlagen Elsevier, Springer und Wiley finanziell ohne weiteres möglich wäre und bei diesen Verlagen sogar mit Kosteneinsparungen verbunden wäre. In Angesicht der Resultate von Pay it Forward stellt sich die Frage, ob dieser Unterschied daran liegt, weil man in der Schweiz und bei der ETH Zürich grundsätzlich mehr zahlt, als bei Harvard & Co., oder ob dies eher an dem spezifischen Fokus auf die drei grössten Verlage liegt, der in Nordamerika ebenfalls zu Tage käme, hätte man die Zahlen auf Stufe Verlag verglichen.
Ebenfalls muss in Betracht gezogen werden, dass eine nahezu 100% Umstellung auf OA finanzielle Einsparungen an vielen anderen Orten ergibt. Dabei meine ich nicht nur die radikale Vereinfachung von vielen bibliothekarischen Prozessen, sondern auch die Tatsache, dass ausserhalb der forschungsintensiven Hochschulen es noch zahlreiche andere öffentliche Institutionen (z.B. Fachhochschulen, Spitäler, Behörden etc.) gibt, bei denen bei einer Umstellung Subskriptionskosten entfallen würden. Diese Gelder könnten zumindest anteilsmässig zugunsten des finanziellen Mehrbedarf von forschungsintensiven Hochschulen umgeschichtet werden.
Letztlich scheint es nachvollziehbar, dass die Kosten des heutigen Systems auch bereits durch jemanden bezahlt werden und die Transformation mehr eine Frage der Organisation der Umschichtung von Geldern ist, als tatsächlich ein finanzielles Problem. SCOAP3 hat dies ja unlängst gezeigt.
Meines Wissens ist Pay it Forward die erste öffentliche Studie, bei welcher das Potential der Subskriptionskosten auf institutioneller Ebene für OA solide analysiert wurde. Das weckt Hoffnung, dass auch andere Institutionen dem Beispiel folgen und sich Kennzahlen zu ihrem Potential für OA verschaffen und dies veröffentlichen.
Präsentation an der 8th Conference on OA Scholarly Publishing (COASP)
Zum Schluss sei noch auf eine Präsentation der Studie von MacKenzie Smith, University Librarian, UC Davis am 21. September 2016 verwiesen.
Aaron Swartz, der sich 2013 viel zu jung das Leben nahm, drohten 35 Jahre Gefängnis, nachdem er 2011 am MIT systematisch Artikel von JSTOR runtergeladen hatte. Im Film wird angedeutet, dass die amerikanische Justiz an Swartz ein Exempel statuieren wollte, da er Mitautor des Guerilla Open Access Manifesto war, welches dazu aufrief, Inhalte aus Büchern und Zeitschriften mitunter mit militanten Mitteln frei im Internet zugänglich zu machen. Swartz hatte die bei JSTOR heruntergeladenen Inhalte jedoch nie illegal zugänglich gemacht.
Die Aktion von Swartz hatte vielmehr bewirkt, dass JSTOR seine Policy änderte und Public Domain Inhalte (Inhalte die nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind) für jedermann zugänglich machte. Bis zu seiner Aktion hatten Internetnutzer nur über das Netzwerk von bezahlenden Bibliotheken Zugriff auf diese gemeinfreien Inhalte.
Leider wurde aus der Aktion wenig gelernt. Zurzeit sind viele Bibliotheken daran die Archivierung von Zeitschriften und Büchern bei Portico (einer Schwesterorganisation von JSTOR) auszulagern bzw. einzukaufen. Portico versteckt allerdings freie Inhalte bewusst hinter einer Paywall. Beispiel: http://doi.org/cdx9q9