Elsevier blockiert Open Access – schwedisches Konsortium beendet Vertrag

Nachdem Elsevier nicht auf die Open-Access-Forderungen des schwedischen Konsortiums eingegangen ist, hat das Konsortium beschlossen, den Elsevier-Vertrag nicht fortzusetzen. Forscher/innen in Schweden verlieren den unmittelbaren institutionellen Zugriff auf neue Elsevier-Inhalte. Die Open-Access-Forderungen in Schweden ähneln denen des deutschen DEAL-Projekts.

Bis 2026 möchte Schweden kompletten und unmittelbaren freien Zugang zu Forschungspublikationen erhalten. Dazu wird in nationalen Konsortialverhandlungen auf eine Open-Access-Transformation gedrängt. Das schwedische Konsortium Bibsam hat in den Verhandlungen mit Elsevier folgende Ziele verfolgt:

  • unmittelbaren Open Access zu den Publikationen zugehöriger Autor/innen (aus den teilnehmenden Institutionen) in Elsevier-Zeitschriften („publish“)
  • lesenden Zugriff für alle zugehörigen Wissenschaftler/innen auf alle Elsevier-Zeitschrifteninhalte („read“)
  • ein nachhaltiges Kostenmodell

Die Ziele entsprechen denen, die im deutschen DEAL-Projekt für die Verhandlungen mit Elsevier, Springer Nature und Wiley aufgestellt worden sind. Ähnlich wie in Deutschland hat Elsevier kein passendes Angebot unterbreitet, und das schwedische Konsortium wird nun den Vertrag nicht erneuern (Pressemitteilung).

Einige Punkte sind besonders interessant:

  • Es ist ein weiterer nationaler Elsevier-Vertrag, der platzt. Eine SPARC-Seite verfolgt die gekündigten big deals, inklusive DEAL und vieler anderer Verträge. Unter den Verlagen, deren Open-Access-Angebote nicht ausreichten, findet sich auch Springer. In Frankreich gibt es kein neues Springer-Konsortium, und auch in Deutschland gibt es bisher nur Zwischenstände.
  • Ähnliche Forderungen in verschiedenen Konsortien/Ländern mögen am Ende helfen – ein Einwand von Verlagen ist häufig, dass keine gesonderten Modelle für einzelne Länder erstellt werden könnten.
  • Das schwedische Konsortium betont die Notwendigkeit nicht nur eines nachhaltigen Kostenmodells, sondern auch eines verlässlichen Monitorings – weil die Kosten („total cost of publication“) bereits jetzt zu stark und zu wenig transparent stiegen. Steigende Lizenzkosten und zusätzliche APC-Zahlungen für Open Access werden auch in Schweden als Problem gesehen.
  • Das schwedische Konsortium weist die Wissenschaftler/innen darauf hin, wie sie auch ohne Elsevier-Vertrag auf viele kommende Elsevier-Publikationen zugreifen können: durch automatische Tools, die Open-Access-Versionen finden, durch Anfragen an andere Kolleg/innen sowie per Fernleihe.

Die bisherigen Elsevier-Lizenzkosten lagen laut Meldung bei etwa 12 Millionen EUR pro Jahr, hinzu kamen 2017  1,3 Millionen EUR für Open-Access-Artikelkosten (APC). (Ein Teil dieser Kosten ist in der Open-APC-Datensammlung nachgewiesen bzw. im schwedischen Nachbau Open APC Sweden.)

Schweden: Springer und IOP Offsetting

In Schweden ist ein Zwischenbericht zu den Offsetting-Agreements mit Springer und IOP veröffentlicht worden. Von dem 24-Seitigen Bericht in schwedischer Sprache, gibt es auch eine zweiseitige Zusammenfassung auf Englisch.

Springer Compact: Juli 2016 – Dezember 2017

Der Deal des Bibsam Konsortium umfasst die Publikationsmöglichkeit in 1705 Hybrid-Journals von Springer und den Zugriff auf 2110 Journals von SpringerLink (1997-).

Im ersten Jahr (Juli 2016 – Juli 2017) wurden insgesamt 1232 Publikationen in Hybrid OA Journals von Springer publiziert. Eine Liste der Publikationen bis April 2017 findet sich inzwischen auch auf OpenAPC. Beim Abschluss des Agreements, ging man davon aus, dass in den nächsten drei Jahren etwa 15% mehr publiziert werden würde. Zumindest bei den Hybrid-Journals von Springer blieb dieser Effekt aus. Es wurden letztlich sogar 20% weniger publiziert als man dies vereinbart hatte.

Schweden bezahlt für den ganzen Springer Compact Deal 4.2 Mio EUR, und somit 60% mehr als bisher.

Springer_Costs_of_Offsetting

Ausgaben des Schwedischen Bibsam Consortiums ohne und mit Springer Compact
Quellen: 2. Evaluationsbericht zu Springer Compact und IOP vom 20.09.2017 ; Auskunft Ulf Kronman 4.10.2017

Vergleich mit Niederlande

Der preisliche Unterschied zum Niederländischen Deal ist frappant. So konnten die Niederländer in den ausgesprochen harten Verhandlungen die Hybrid-APC auf unter €1’400 drücken. Im Schwedischen Agreement wurde ursprünglich mit einer APC von €2’200 kalkuliert. Da aber dann weniger als angenommen publiziert wurde, ist der effektive Preis jedoch sogar bei €3’000. Die Niederländer bezahlen somit trotz mehr Hybridpublikationen (2015: 1927 Artikel) eine Million Euro weniger als die Schweden. Wohl deshalb wehrte sich SpringerNature wohl besonders stark gegen die Offenlegung des Niederländischen Vertrags.

Springer Costs Netherlands.png

Ausgaben der Niederländischen Universitäten 2011-2016 für Springer Journals & Artikel. 
Quellen: Subskriptionskosten 2011-2014 ; Springer Agreement 2015-2016

Institute of Physics (IOP): Januar 2017 – Dezember 2019

Zum noch relativ jungen Agreement mit IOP liegen noch keine spezifischen Daten zur Analyse vor. Allerdings sollen die entstandenen Kosten von Hybrid-Zahlungen im Folgejahr zu 90% von den Schwedischen Subskriptionskosten, und zu 10% von den globalen Preisen von Hybridjournals abgezogen werden.

Fazit

Die Schwedische Evaluationsgruppe zieht im Bericht ein ambivalentes Fazit. Der Anstieg von OA ist erfreulich. Befragte Forschende zeigen sich von dem Agreement begeistert und wünschen sich weitere solche Deals mit anderen Verlagen. Anderseits wurde erkannt, dass der Preis dafür doch sehr hoch ist. Auch der Fokus auf Hybrid Journals, anstatt reine OA Journals wird als Nachteil aufgeführt.