Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur online

Das „Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland“ ist online. Erstellt wurde das Gesamtkonzept von der Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur (KII), die im Auftrag der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) arbeitete. Auszug aus der Pressemitteilung der Leibniz-Gemeinschaft:

Die Zusammensetzung der Kommission stellt ein Novum dar. Sie repräsentiert die maßgeblichen Akteure der Informationsinfrastruktur in Deutschland, und zwar sowohl die Dienstleister selbst als auch die Förderorganisationen ebenso wie die wissenschaftlichen Nutzer.

Die Kommission definiert „Informationsinfrastruktur“ als nationales, disziplinübergreifendes „Netz“ von Einrichtungen. Diese nehmen dezidiert in öffentlichem bzw. institutionellem Auftrag die Versorgung im weitesten Sinne von Wissenschaft und Forschung mit Information und damit zusammenhängenden Dienstleistungen wahr. Vor diesem Hintergrund wird dem Konzept ein ganzheitlicher, strukturorientierter Ansatz zugrundegelegt. Disziplin-, sparten- und institutionenübergreifend werden acht Handlungsfelder beleuchtet, die aus heutiger Sicht für die Informationsinfrastruktur von zentraler Bedeutung sind:

  1. Lizenzierung
  2. Hosting / Langzeitarchivierung
  3. Nichttextuelle Materialien
  4. Retrodigitalisierung / kulturelles Erbe
  5. Virtuelle Forschungsumgebungen
  6. Open Access
  7. Forschungsdaten
  8. Informationskompetenz / Ausbildung.

Alle Handlungsfelder stehen miteinander in Zusammenhang. Darüber hinaus wurden 5 der 8 Themen parallel und in Kooperation zwischen der Kommission und der Allianz-Schwerpunktinitiative Digitale Information behandelt.

(Disclosure: Ich war an zwei KII-AGs beteiligt.)

„The architecture of access to scientific knowledge: just how badly we have messed this up“

Dies ist der Titel eines sehenswerten Vortrags von Lawrence Lessig am CERN. Eine Videoaufzeichnung ist online:

Mit Blick auf die laufenden Diskussion hierzulande, ist der Klick auf den Abschlussbericht des Google-Collaboratory  „Internet & Gesellschaft“ sowie der Blick auf die Statements zum Dritten Korb bei iRights.info empfohlen.

LINKE fordert unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht

Nachdem die SPD im März bereits einen Gesetzentwurf für eine Zweitveröffentlichungsrecht in den Bundestag eingebracht hat, widmet sich die Linksfraktion nun in einem eigenen Antrag (17/5479) dem Thema. Unter dem Titel „Wissenschaftliche Urheberinnen und Urheber stärken – Unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht einführen“ fordert die LINKE die gesetzliche Verankerung von Open Access. Nach den Vorstellungen der LINKE soll das Zweitveröffentlichungsrecht folgende Bedingungen berücksichtigen:

  • „Das Recht erstreckt sich auf alle wissenschaftlichen Publikationen, die überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert worden sind.“
  • „Eine Zweitveröffentlichung wird nicht nur in nichtkommerziellen, sondern auch in kommerziellen Publikationen ermöglicht.“
  • „Die Sperrfrist, nach der das Zweitverwertungsrecht in Anspruch genommen werden kann, beträgt höchstens sechs Monate.“
  • „Das Recht gilt auch für eine formatgleiche Zweitveröffentlichung, deren Ursprung in der Erstveröffentlichung jedoch anzugeben ist.“
  • „Vertragliche Vereinbarungen, die das Zweitveröffentlichungsrecht einschränken, sind unwirksam.“

Der Bundestag hat dazu eine kurze Meldung veröffentlicht.

DHV: Empfehlungen zum wissenschaftlichen Publizieren

Vor dem Hintergrund der Plagiatsaffäre um Karl-Theodor zu Guttenberg gewinnt die Diskussion um das wissenschaftlichen Publikationsverhalten an Relevanz.

Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat am 14.04.2011 disziplinübergreifende Empfehlungen zum wissenschaftsadäquaten Publikationsverhalten veröffentlicht. In den Empfehlungen werden die „Rechtsgrundlagen der Autorenbenennung“ behandelt und“ wissenschaftsethische Publikationsempfehlungen“ formuliert. Die DHV-Empfehlungen sind online.

Weiter fordert der DHV die Abgabe von Qualifikationsarbeiten in digitaler Form:

„In einer Resolution, die die Delegierten auf dem 61. DHV-Tag verabschiedeten, werden die Hochschulen aufgefordert, Studierende, Doktoranden und Habilitanden qua Prüfungsordnung dazu zu verpflichten, ihre Arbeiten auch in digitaler Form abzugeben, damit Texte besser und schneller auf Übereinstimmungen mit fremden Texten abgeglichen werden können.“

Dabei macht es sich der DHV leider etwas einfach in dem er a) „Diplomarbeitsbörsen“ verdächtigt Plagiarismus zu fördern und  b) das Potenzial von Open Access zur Plagiaterkennung nicht berücksichtigt.

Darüber hinaus werden in der aktuellen DIE ZEIT (14.4.2011 Nr. 16) die Ergebnisse einer Veranstaltung der Robert Bosch Stiftung aus dem November 2009 aufgewärmt. In dem Thesenpapier (PDF) zu der damaligen Veranstaltung werden sieben „Vorschläge zur Sicherung der Integrität und Qualität der Wissenschaft“ formuliert. U.a. heißt es dort:

„Die Autorschaft für eine wissenschaftliche Publikation bedingt substanzielle inhaltliche Anteile an der zu veröffentlichenden Arbeit. Die Autorschaft ist heute eine Währung der Wissenschaft geworden, die mit Geld belohnt wird. Das System der leistungsorientierten Mittelvergabe sollte daher die tatsächlichen Beiträge eines Autors prüfen und lediglich strategische Autorschaften ohne verantwortliche inhaltliche Beteiligung ächten.“

„Wissen“ und „Verwertung“

Da die Kollegen Puschmann und Herb gerade andere Kanäle als dieses Blog nutzen, aggregiere ich im Folgenden zwei lesenswerte Beiträge der lieben Kollegen.

Ulrich Herb schreibt auf TELEPOLIS unter dem schönen Titel „Für Wissenschaftler wertlos“ über das Zählpixel der VG Wort:

Seit 2007 bietet die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) für online publizierte Dokumente die Möglichkeit einer Ausschüttung von Tantiemen aus Zweitverwertungrechten nach Urheberrechtsgesetz. Ob man in den Genuss einer Ausschüttung kommt, hängt von einer kruden Technik ab, die Verfasser wissenschaftlicher Dokumente in den meisten Fällen von einer Vergütung ausschließt. Alternativvorschlägen von E-Publishing-Akteuren verschließt sich die VG Wort bislang.

Cornelius Puschmann macht sich in seinem eigenen Blog „Gedanken zur gesellschaftlichen Aufgabe der Wikipedia„:

Das Internet fordert unter anderem deshalb gesellschaftliche Eliten heraus, weil es alternative Zugänge zu und Teilnahme an Wissen ermöglicht. Im Falle der Wikipedia sind es (unter anderem) Schule und Wissenschaft, die herausgefordert werden. Dabei geht es weniger darum, dass die bestehenden System ersetzt würden, als vielmehr um vergrößerte Transparenz und Partizipationsmöglichkeiten durch neue, bislang nicht in den Wissensverhandlungsprozess eingebundene Akteuere. Die Wikipedia ist nicht perfekt, aber das muss sie auch nicht sein. Es genügt völlig, dass sie uns die Komplexität der Wissenskodifizierung vor Augen führt, und dass sie die Barrieren zur Teilnahme an dieser Kodifizierung im Vergleich zum Buchzeitalter merklich reduziert hat. Die Wikipedia ist nicht bedeutsam als ewiger Wissensspeicher, in dem ordentlich sortierte Fakten abgelegt werden. Vielmehr ist sie ein Marktplatz, auf dem Wissen verhandelt wird, und dieser Prozess ist vielleicht wichtiger als sein Endprodukt, auch wenn es zweifellos oft ein ziemlich mühseliger Prozess ist.

Liebe Kollegen, bei diesem Output ist es schwer den Überblick zu behalten! Hinweise auf Eurer Schaffen und Wirken sind auch hier weiterhin willkommen. 🙂

SPD will Zweitveröffentlichungsrecht gesetzlich verankern

Die SPD-Bundestagsfraktion hat einen Gesetzentwurf zur Förderung von Open Access vorgelegt: Wissenschaftliche Publikationen, die im Rahmen der öffentlich geförderten Forschung entstehen, sollen nach einer Embargofrist von sechs Monaten bei Periodika und zwölf Monaten bei Sammelwerken auf Repositorien veröffentlicht werden können.

Auszug aus der Pressemittelung:

„Ein unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht für wissenschaftliche Veröffentlichungen wird auch von der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und den Forschungsorganisationen seit langem gefordert. Es soll den wissenschaftlichen Autoren wie auch den Hochschulen ermöglichen, ihre Forschungsergebnisse neben der herkömmlichen Verlagspublikation zu publizieren, etwa auf eigenen Webseiten, auf den Seiten der wissenschaftlichen Fachgesellschaften oder auf Hochschulservern. Damit sollen zugleich zeitgemäße und dringend gebotene Kommunikations- und Publikationsmöglichkeiten geschaffen werden, denn bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen geht es vor allem um den schnellen Zugang zu Publikationen und Forschungsergebnissen.“

Dieses Zweitveröffentlichungsrecht, das keinerlei Pflicht für Wissenschaftler impliziert, ermöglicht es wissenschaftlichen Urhebern selbst über den Grad der Sichtbarkeit ihrer Forschungsergebnisse zu entscheiden.

Der „Gesetzentwurf zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes“ findet sich in BT-Drs. 17/5053 (PDF).  IUWIS hat einige Reaktionen dokumentiert.

Bereits im Februar hat die Projektgruppe Urheberrecht der Enquete-Kommission ein Arbeitspapier „Zugang zu wissenschaftlichen Informationen über sogen. Open Access – Verwertungsmodelle“ veröffentlicht. (PDF) Dieses kann unter enquetebeteiligung.de diskutiert werden.

Access to Knowledge in the Age of Intellectual Property

Gefödert vom Open Society Institute (OSI) haben Amy Kapczynski und Gaëlle Krikorian eine interessante Sammlung von Essays rund um den offenen Zugang zu Information und Wissen veröffentlicht. Access to Knowledge in the Age of Intellectual Property umfasst auf über 600 Seiten Beiträge von mehr als 60 Autoren. Dabei wird das Thema aus unterschiedlichsten Perspektiven beleuchtet. Auszug aus der Ankündigung:

At the end of the twentieth century, intellectual property rights collided with everyday life. Expansive copyright laws and digital rights management technologies sought to shut down new forms of copying and remixing made possible by the Internet. International laws expanding patent rights threatened the lives of millions of people around the world living with HIV/AIDS by limiting their access to cheap generic medicines. For decades, governments have tightened the grip of intellectual property law at the bidding of information industries; but recently, groups have emerged around the world to challenge this wave of enclosure with a new counter-politics of „access to knowledge“ or „A2K.“ They include software programmers who took to the streets to defeat software patents in Europe, AIDS activists who forced multinational pharmaceutical companies to permit copies of their medicines to be sold in poor countries, subsistence farmers defending their rights to food security or access to agricultural biotechnology, and college students who created a new „free culture“ movement to defend the digital commons. Access to Knowledge in the Age of Intellectual Property maps this emerging field of activism as a series of historical moments, strategies, and concepts. It gathers some of the most important thinkers and advocates in the field to make the stakes and strategies at play in this new domain visible and the terms of intellectual property law intelligible in their political implications around the world.

Die Publikation ist hybrid erschienen. Die Online-Version ist auf soros.org als PDF im Open Access zugänglich.

Literatur:

Krikorian, G. ; Kapczynski, A.: Access to knowledge in the age of intellectual property. New York : Zone Books, 2010.

Open Access in der „Grünen Netzresolution“

Unter dem Titel „Für ein Internet der Bürgerinnen und Bürger. Grund- und Bürgerrechte im Internetzeitalter“ hat die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen gestern eine „Netzresolution“ (PDF) verabschiedet, die u.a. das Thema Open Access aufgreift:

9. Modernisierung des Urheberrechts und Open Access
Bildung und Zugang zu Wissen sind zentral in der Informationsgesellschaft. Das Internet wird die Strukturen der Bildungsvermittlung grundlegend verändern. Die erforderliche Weiterentwicklung des Urheberrechts wird auch vor diesem Hintergrund drängender. Wir wollen einen fairen Interessensausgleich zwischen UrheberInnen und NutzerInnen. Dabei müssen Ansätze zur freien Lizenzierung von Informationen und kreativen Werken (z.B. Creative Commons) weiter gestärkt und auch im öffentlichen Bereich genutzt werden. Grundsätzlich soll sichergestellt werden, dass mit öffentlichen Mitteln erarbeitete Inhalte über Open Access verfügbar sind und damit die Wissensallmende gestärkt wird. Die Grünen unterstützen darüber hinaus die rasche Realisierung der europäischen digitalen Bibliothek.

[via gruen_digital]

„Das Recht auf Sichtbarkeit“

Unter diesem schönen Titel hat der Bibliotheksjurist Eric Steinhauer eine sehr lesenswerte Publikation zum Verhältnis der Themen Wissenschaftsfreiheit und Open Access veröffentlicht.

Die Anmerkung zum Titel des Buches macht Steinhauers Verständnis von Wissenschaftsfreiheit deutlich (S. 10):

Der Titel des vorliegenden Buches ist programmatisch zu verstehen. Es geht um das Recht des wissenschaftlich arbeitenden Menschen, sich in seinem Streben nach Wahrheit und Erkenntnis in einer Weise mitteilen zu können, die nicht wissenschaftsfremden ökonomischen Zielen, sondern allein der wissenschaftlichen Sache selbst verpflichtet ist. Eine so verstandene Mitteilungsfreiheit ist die unabdingbare Voraussetzung dafür, dass echter wissenschaftlicher Fortschritt durch Erkenntnisaustausch, durch Diskussion und Kritik möglich ist. Kann eine Wissenschaft das Maß ihrer Sichtbarkeit nicht mehr selbst bestimmen, hört sie auf, eine freie Wissenschaft zu sein.

Mir hat dieses Buch in der letzten Woche eine lange Bahnfahrt versüßt. Es versammelt zwei Vorträge von Steinhauer auf den Göttinger Urheberrechtstagungen 2008 und 2009.

Steinhauer beschreibt, in einer für Nicht-Juristen sehr verständlichen Form, die relevanten Aspekte des Themenkomplexes in Grundgesetz, Dienstrecht, Hochschulrecht und Urheberrecht. Dabei plädiert er u.a. für ein unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht. Eine Forderung, die auch von der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen in einer erweiterte Stellungnahme (PDF) zur Novellierung des Urheberrechts aus dem Juli vertreten wird.

Literatur:

Steinhauer, Eric W.: Das Recht auf Sichtbarkeit. Münster : Monsenstein und Vannerdat, 2010. Online. Print.

Das Urheberrecht im digitalen Zeitalter

Die British Library hat eine interessante Sammlung von Essays zum UK Copyright veröffentlicht. In dreizehn lesenswerten Beiträgen beschreiben Personen aus Wissenschaft und Bildung ihre Sicht auf das Copyright. Der Titel der Publikation “Driving UK Research. Is copyright a help or a hindrance?” (PDF) macht das Spannungsfeld des Urheberrechtes im digitalen Zeitalter deutlich.

Lynne Brindley, Generaldirektorin der British Library, beschreibt im Vorwort die Relevanz des Themas:

Copyright is at the heart of our successful knowledge economy. In the 21st century, access to technology, information and knowledge are the key to economic success and are governed by our current copyright laws.
Copyright has successfully maintained a balance in the public interest for creators and researchers for 300 years – yet copyright is under threat in the digital age.
There is a supreme irony that just as technology is allowing greater access to books and other creative works than ever before for education and research, new restrictions threaten to lock away digital content in a way we would never countenance for printed material.
Let’s not wake up in five years’ time and realise we have unwittingly lost a fundamental building block for innovation, education and research in the UK. Who is protecting the public interest in the digital world? We need to redefine copyright in the digital age and find a balance to benefit creators, educators, researchers, the creative industries – and the knowledge economy.

Auf eine weitere interessante Veröffentlichung zum Thema weist Netzpolitik.org hin: Die Forschungsabteilung der Deutschen Bank „Deutsche Bank Research“ befasst sich in einer Analyse (PDF) aus dem Juli mit dem Urheberrecht im digitalen Zeitalter. Die Studie kommt zu einigen lesenswerten Ergebnissen. Beispiel:

Die Öffnung von Wertschöpfungsnetzwerken und das damit einhergehende, steigende Angebot digitaler, freier Inhalte (z.B. eGovernment, Wikis, Open Design, Open Music, Open Science, Open Access) sorgt für eine gestaltungsfreiere Dimension des Internets. Es entstehen neue Anwendungen im Wissensmanagement, der Technologietransfer wird stimuliert und für Selbständige eröffnen sich neue Geschäftsideen. Der Austausch von Informationen wird schneller und effizienter. Dadurch entsteht eine größere Wissensallmende, die einer breiteren Bevölkerungsschicht zugutekommt.

Literatur:

British Library: Driving UK Research. Is copyright a help or a hindrance? London : British Library, 2010. Online.

Dapp, T. F. : Der Pirat in uns. In den Tiefen des Urheberrechts. Frankfurt am Main : Deutsche Bank Research, 2010. Online.