„Appell zur Nutzung offener Lizenzen in der Wissenschaft“

Die deutschen Wissenschaftsorganisationen haben heute einen „Appell zur Nutzung offener Lizenzen in der Wissenschaft“ veröffentlicht. In diesem heißt es:

„Offene Lizenzen sind […] ein elementarer Standard, der eine wissenschaftskonforme Nachnutzung wissenschaftlicher Produkte erleichtert. Mit der offenen Bereitstellung von Forschungsergebnissen werden deren Sichtbarkeit, Nachnutzbarkeit, schnelle Verbreitung und somit Innovation befördert. Offene Lizenzen erleichtern zudem die Umsetzung der Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis.

Die deutschen Wissenschaftsorganisationen halten […] standardisierte offene Lizenzen für ein ideales Werkzeug, um im Sinne der Berliner Erklärung von 2003 die möglichst umfassende Nutzung wissenschaftlicher Inhalte rechtsverbindlich abzusichern.“

In dem Appell wird darüber hinaus auch die Empfehlung zur Nutzung von Creative-Commons-Lizenzen gegeben. Dabei werden für unterschiedliche Publikationstypen (z. B. Textpublikationen, wissenschaftlicher Software, Metadaten) relevante Lizenzen erwähnt.

(Crosspost von ALBERTopen.)

Schleswig-Holstein legt „Open-Access-Strategie“ vor

Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein hat heute seine „Open-Access-Strategie“ (PDF) vorgelegt. In einer Pressemitteilung stellt die Wissenschaftsministerin Kristin Alheit fest:

„Die moderne Forschung basiert auf einem umfassenden wissenschaftlichen Dialog und Fortschritten durch Verbesserungen früherer Arbeiten. Den freien Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen müssen wir daher als Chance und Turbo für die Forschung nutzen. Wer international mithalten will, muss seine Geschwindigkeit und Kommunikationswege den heutigen Möglichkeiten anpassen. Mit der Open Access-Strategie haben wir die Weichen gestellt, dass das in Schleswig-Holstein gelingt.“

In dem siebenseitigen Papier „Strategie 2020 der Landesregierung Schleswig-Holstein für Open Access“ werden zentrale Handlungsfelder für drei Akteursgruppen (Landesregierung, Hochschulen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler) benannt.

Die Landesregierung kündigt an, „finanzielle Mittel für die Einrichtung eines landesweiten Open-Access-Dokumentenservers, einen Publikationsfonds sowie für Rechtsberatung zum Publizieren im Open Access bereitstellen.“ Auf Ebene der Hochschulen wird die Verabschiedung von Open-Access-Richtlinien angekündigt. Darüber hinaus sollen Open-Access-Beauftragten ernannt werden, die Forschende bei der Umsetzung von Open Access unterstützen. Laut Pressemitteilung wird das Land im Haushaltsjahr 2015 100.000 Euro zum Anschub der Open Access-Strategie zur Verfügung stellen.

Interessant ist der Abschnitt „Indikatoren für Open Access in Schleswig-Holstein“ der Veröffentlichung: Durch die Erhebung von Indikatoren soll der Anteil der Open-Access-Publikationen ab 2018 evaluiert werden. Ziel ist u. a. die „jährliche Erhöhung des Anteils der Open-Access-Publikationen im landeseigenen Dokumentenserver“. Die weitere Befassung des Themas soll durch einen Lenkungsausschuss sichergestellt werden.

In der Vergangenheit haben bereits andere Bundesländer Open Access in ihren Regularien verankert. U.a. Baden-Württemberg in seinem Landeshochschulgesetz (2014) und Brandenburg im dortigen Hochschulgesetz (2009). Darüber hinaus hat das Land Baden-Württemberg das Thema im Rahmen seiner E-Science-Strategie aufgegriffen. Das Land Berlin hat im Mai dieses Jahres eine Open-Access-Strategie auf den Weg auf den Weg gebracht. Auch im niedersächsischen Koalitionsvertrag wird die Entwicklung einer Open-Access-Strategie angekündigt. Im Landtag Nordrhein-Westfalen fand jüngst eine Anhörung zum Thema statt.

 

Offenlegung von Open-Access-Publikationsgebühren in Deutschland

Die Geschäftsmodelle des Goldenen Weges des Open Access verlagern die Finanzierung: wissenschaftliche Einrichtungen und Fördererorganisationen (z. B. die DFG und die EU) stellen Mittel bereit, um Publikationen bereits bei der Veröffentlichung im Rahmen sogenannter Publikationsgebühren (auch Article-Processing Charges, APCs genannt) zu finanzieren. Dazu betreiben wissenschaftlichen Einrichtungen häufig sogenannte Open-Access-Publikationsfonds. Über diese wird der Umgang mit den Publikationsgebühren gemanagt. Zudem wird eine Vielzahl von Open-Access-Zeitschriften als Teil wissenschaftlicher Aktivitäten einzelner Organisationen herausgegeben und finanziert.

Eine Reihe von wissenschaftlichen Institutionen in Deutschland hat jetzt begonnen Angaben zur Höhe bezahlter Open-Access-Publikationsgebühren offenzulegen. Anliegen ist es, bezahlte „Open-Access-Publikationsgebühren der Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland umfassend zu dokumentieren“ und damit einen Beitrag zu einer transparenten Entwicklung des goldenen Open-Access-Publizierens zu leisten.

Auf Initiative der Universität Bielefeld und unter Koordination der Arbeitsgruppe „Elektronisches Publizieren“ der Deutschen Initiative für Netzwerkinformation (DINI) wurden die Daten von sieben wissenschaftlichen Einrichtungen auf GitHub , unter einer offenen Lizenz, zugänglich gemacht.

Folgende Visualisierung zeigt die Verteilung der bezahlten Open-Access-Publikationsgebühren auf die beteiligten Einrichtungen:

Verteilung: Open-Access-Publikationsgebühren pro Verlag

Verteilung: Open-Access-Publikationsgebühren pro Verlag

Der Datensatz umfasst aktuell 1.432 Open-Access-Artikel von sieben Institutionen im Umfang von 1.732.556 Euro. Wünschenswert ist, dass sich weitere Einrichtungen der Initiative anschließen.

Ähnliche Entwicklungen gibt es z. B. auch in Großbritannien. Eine Initative des Wellcome Trust im Frühjahr 2014 hat dort zu einer breiten Offenlegung der Zahlen geführt.

Open-Access-PublikationsfondsDie Gestaltung eines nachhaltigen Open-Access-Publikationssystems ist eine zentrale Herausforderungen für wissenschaftlichen Einrichtungen und ihre Bibliotheken. Im Rahmen der diesjährigen Open-Access-Week veröffentlichte die Arbeitsgruppe Open Access in der Schwerpunktinitiative „Digitale Information“ der Wissenschaftsorganisationen eine Broschüre zum Thema „Open-Access-Publikationsfonds“ (PDF). Ziel von Publikationsfonds ist es, den Transformationsprozess von subskriptionsbasiertem zu Publikationsgebühren-basiertem Open-Access-Publizieren effizient und nachhaltig zu gestalten. In der Broschüre wird erläutert, welchen Zielen Open-Access-Publikationsfonds dienen und was bei ihrem Aufbau und Betrieb beachtet werden sollte.

Anliegen der Wissenschaft ist es, den Transformationsprozess von Subskription zu Open Access aktiv zu gestalten und den sich formierenden Open-Access-Publikationsmarkt im Sinne der Wissenschaft zu realisieren. Die Wissenschaftsverlage haben den Wunsch nach Open Access längst erkannt. Jedoch ist nicht jedes Verlagsangebot wissenschaftsadäquat. Vor diesem Hintergrund wurden z. B. in der Helmholtz-Gemeinschaft Kriterien zum Umgang mit Open-Access-Publikationsgebühren erarbeitet. Z. B. sind sog. „hybride“ Modelle, bei der einzelne Beiträge in einer nicht-Open-Access-Zeitschrift durch den Publizierenden „freigekauft“ werden können, problematisch, da sich Verlage mit diesem Modell – zusätzlich zur Subskriptionsgebühr –  eine weitere Einnahmequelle sichern (sog. „double dipping“).

Disclosure: Ich arbeite für die Helmholtz-Gemeinschaft und bin Mitglied in den beiden genannten AGs.

(Crosspost von ALBERTopen.)

Update,  07.11.2014, 13:37: Bereits im April 2014 hat der FWF – Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in Österreich Daten über bezahlte Open-Access-Publikationsgebühren veröffentlicht. Siehe: DOI:10.6084/m9.figshare.988754

Baden-Württemberg setzt auf E-Science: Strategiepapier und Förderprogramm

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg hat gestern ein 120-seitiges „Fachkonzept zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Infrastruktur“ (PDF) vorgestellt. Zur Umsetzung des Konzeptes werden Mittel in Höhe von 3,7 Mio. Euro breitgestellt. Mit dem Förderprogramm soll der „Ausbaus einer leistungsfähigen, effizienten und innovativen Informationsinfrastruktur für die wissenschaftlichen Einrichtungen in Baden-Württemberg“ vorangetrieben werden.

Fachkonzept zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Infrastruktur

Das Strategiepapier setzt auf dem “Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland” der Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur (KII) und anderen Aktivitäten – z. B. der Schwerpunktinitiative „Digitale Information“  der Wissenschaftsorganisationen –  auf und widmet sich fünf zentralen Handlungsfeldern:

  • Lizenzierung elektronischer Informationsmedien
  • Digitalisierung
  • Open Access
  • Forschungsdatenmanagement
  • Virtuelle Forschungsumgebungen

Die baden-württembergische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Theresia Bauer wird in einer Pressemitteilung wie folgt zitiert:

„Innovation beginnt mit Wissenschaft. Hochschulen und außeruniversitäre Forschungs- und Informationsinfrastruktureinrichtungen benötigen eine gemeinsame E-Science-Infrastruktur, die dem Bedarf der Wissenschaft heute und in Zukunft entspricht. Deren Ausbau ist ein zentraler Baustein für Baden-Württembergs internationale Wettbewerbsfähigkeit als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort“

Die E-Science-Strategie wurde durch eine Arbeitsgruppe von Expertinnen und Experten des Landes erarbeitet. Zum Thema Open Access heißt es:

„Die Open Access Politik des Landes Baden-Württemberg ist darauf angelegt, im Land die Voraussetzungen zu schaffen, den notwendigen internationalen Umgestaltungsprozess als herausgehobener Akteur zu ermöglichen, zu fördern und aktiv mitzugestalten, um so auch die Wahrnehmung der Forschungsergebnisse aus Baden-Württemberg international zu erhöhen.“

Das Land Baden-Württemberg ebnet mit diesem bemerkenswerten E-Science-Konzept den Weg zu Schaffung einer offenen Informationsinfrastruktur zur Förderung von Open Science. Wünschenswert wäre, dass auch andere Bundesländer sich diesem Thema umfassend annehmen und im engen Dialog mit der Wissenschaft ähnlich detaillierte Konzepte auf den Weg bringen, die dann auch in die angekündige Open-Access-Strategie der Bundesregierung einfliesen können.

Aktuell wird das Themfeld Open Access auch in Berlin, Nordrhein-Westfalen (PDF) und Schleswig-Holstein auf Landesebene diskutiert.

Berlin bringt Open-Access-Strategie auf den Weg

Bereits im Mai hat das Abgeordnetenhaus Berlin einstimmig einen Antrag zur Entwicklung einer Open-Access-Strategie für das Land Berlin verabschiedet. Mit diesem Schritt will Berlin den offenen Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen, die an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Hauptstadt entstehen, vorantreiben. In dem Antrag (PDF) heißt es:

„Die wissenschaftlichen Einrichtungen in Berlin werden aufgefordert, eigene Open-Access-Strategien zu erarbeiten, um sicherzustellen, dass wissenschaftliche Publikationen und andere digitale Objekte wie z. B. Forschungsdaten oder wissenschaftliche Software, die im Rahmen der wissenschaftlichen Arbeit entstehen, für jedermann zugänglich und nachnutzbar gemacht werden.“

Zur Förderung dieses Ziels soll ein „Open-Access-Netzwerk aus Vertretern der wissenschaftlichen Einrichtungen“ installiert werden. Dieses Netzwerk soll durch ein „Open- Access-Büro“ unterstützt werden. Weiter soll die Vernetzung der Repositorien zur Schaffung eines „Open-Access-Portal“ geprüft werden. Darüber hinaus eröffnet der Antrag die Möglichkeit das Thema Open Access in den Hochschulverträgen und den Förderbedingungen des Landes Berlin zu verankern.

Mit diesem wichtigen Schritt setzt das Land Berlin Empfehlungen der EU-Kommission und der Internet-Enquete um. Auch wird das „G8 Science Ministers Statement“ aus dem letzten Jahr aufgegriffen, in dem die Bedeutung von Open Access betont wird. Besonders erfreulich ist, dass das Thema im zuständigen Ausschuss für Wissenschaft und im Plenum des Abgeordnetenhaus im parteipolitischen Konsens auf den Weg gebracht wurde. Siehe dazu: Plenarprotokoll, 22.05.2014.

Der Abgeordnete Martin Delius (Piratenpartei) beschreibt seine Sicht auf das Anliegen in einem Blogpost.

In der Vergangenheit haben bereits andere Bundesländer das Thema in ihren Regularien verankert. U.a. Baden-Württemberg in seinem Landeshochschulgesetz (2014) und Brandenburg im dortigen Hochschulgesetz (2009).

Aktuell wird das Thema auch in Schleswig-Holstein auf Landesebene diskutiert. Auf Bundesebene hat die Große Koalition die Entwicklung einer umfassenden Open-Access-Strategie angekündigt.

HRK fordert besseres Management von Forschungsdaten

Die Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat vorgestern eine Empfehlung zum „Management von Forschungsdaten“ verabschiedet. In einer begleitenden Pressemitteilung wird der Handlungsbedarf für die Hochschulen in Deutschland wie folgt zusammengefasst:

„Digitale Daten in immer größeren Mengen spielen in der Forschung eine wachsende Rolle. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler brauchen eine Umgebung, in der sie mit diesen Daten effizient, unkompliziert und rechtlich abgesichert arbeiten können. […] Die [Hochschulen] stehen vor der Herausforderung, das Datenmanagement in der gesamten Hochschule im notwendigen Maß zu harmonisieren und zu integrieren, dabei aber genügend Raum für die vielfältigen Bedürfnisse in den verschiedenen Fachbereichen zu lassen.“

Im Kern des HRK-Papiers, dass das Thema als „zentrale strategische Herausforderung für Hochschulleitungen“ definiert, stehen vier Empfehlungen an die Mitgliedshochschulen:

  1. die „Abstimmung von Leitlinien zum Umgang mit digitalen Forschungsdaten“ an den Hochschulen,
  2. die Kooperation bei der Bearbeitung des Themas „über die Grenzen der Hochschule hinweg“,
  3. die „Stärkung der Informationskompetenz“ zum Umgang mit Daten in der Lehre, sowie
  4. der „Ausbau institutioneller Infrastrukturen zum Forschungsdatenmanagement“ an Universitäten und Fachhochschulen.

Weiter wird an Bund und Länder die Forderung erhoben, „den Ausbau der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen und damit auch der Grundlagen des Forschungsdatenmanagements, engagiert zu unterstützen“. Eine steuernde Funktion wird dabei dem von der Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) beschlossenen Rat für Informationsinfrastrukturen zugeschrieben.

Es ist sehr erfreulich, dass die HRK diesem wichtigen Thema Beachtung schenkt. Über die Empfehlung hinaus kündigt die HRK an „genauere Umsetzungsvorschläge zum Forschungsdatenmanagement“ zu erarbeiten. Wünschenswert wäre, dass in diesen Vorschlägen die offene Zugänglichkeit der Forschungsdaten (Open Research Data) ein noch größeres Gewicht erhält und damit das „G8 Science Ministers Statement“ aus dem letzten Jahr aufgreift. In diesem betonen die G8-Staaten die Relevanz von „Open Scientific Research Data„.

Auch mit Blick auf die Studie „Science as an Open Enterprise“ der Royal Society scheint es zentral, das Potenzial des offenen Zugangs zu Forschungsdaten in dem Mittelpunkt des Themas zu stellen. Denn in der Empfehlung Nr. 1 der Royal Society heißt es: „Where data justify it, scientists should make them available in an appropriate data repository.“ (S. 10). Darüber hinaus werden Forschende bereits jetzt durch den „Open Research Data Pilot“ im EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 sowie durch diverse Data Policies von wissenschaftlichen Journals mit der Forderung nach Open Science konfrontiert.

Vor diesem Hintergrund hat die Universität Bielefeld Ende letzten Jahres als erste deutsche Hochschule eine Data Policy verabschiedet. Diese ermutigt die Angehörigen der Hochschule, „ihre Forschungsdaten über registrierte disziplinäre Forschungsdaten-Archive, oder, wenn nicht vorhanden, über das Forschungsdaten-Archiv der Universität Bielefeld zu veröffentlichen.“ Bei der Suche nach geeigneten Repositorien zur Speicherung und Zugänglichmachung der Daten verweist die Universität auf das Open-Science-Tool „re3data.org – Registry of Research Data Repositories“. Über dieses Portal lassen sich aktuell über 900 Repositorien recherchieren.

Auch an andere Hochschulen wird das Thema aktuell bearbeitet. Beispiel Berlin: An der Humboldt-Universität zu Berlin arbeitet aktuelle eine Initiative an dem Thema und an der Technische Universität Berlin wurde eine „Servicezentrum Forschungsdaten und -publikationen“ gegründet.

Weitere Informationen zum Thema:

Disclosure: Ich bin in das Projekt re3data.org und das Wiki forschungsdaten.org involviert und einer der Autoren des Handbuchs „CoScience“.

Universität Konstanz bricht Lizenzverhandlungen mit Elsevier ab

Konsequenter Schritt: Die Universität Konstanz trägt die ständig steigenden Preise für wissenschaftliche Zeitschriften nicht mehr länger mit. Die Verhandlungen mit dem Verlagsriesen Elsevier wurden jetzt abgebrochen. In einer Pressemitteilung erklärt der Rektor der Hochschule Ulrich Rüdiger:

„Die Universität Konstanz kann und will bei dieser aggressiven Preispolitik nicht länger mithalten und wird ein solches Vorgehen nicht unterstützen. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, den Lizenzvertrag mit Elsevier durch alternative Beschaffungswege zu ersetzen“.

Aufgrund der Preispolitik und des aktiven Lobbyings des Verlages gegen Open Access haben seit 2012 im Rahmen der Initiative „Cost of Knowledge“ über 14.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Zusammenarbeit mit Elsevier eingestellt. Die Umsatzrendite von Elseviers STM-Geschäft betrug 2012 37,8 Prozent. (Vergleich: Die Umsatzrendite von Apple lag im selben Jahr bei 27 Prozent.) 2013 konnte der Verlag seine Rendite auf 39 Prozent steigern.

Die Liste der zehn teuersten Zeitschriften der KIT-Bibliothek gibt einen Einblick in das profitable Geschäft mit den Ergebnissen der öffentlich geförderten Forschung. Alleine für den Online-Zugang zu der Springer-Zeitschrift „Journal of Radioanalytical and Nuclear Chemistry“ zahlt das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) pro Jahr über 15.000 Euro.

Aktuell sieht sich Elsevier unter dem Hashtag #Elseviergate der Kritik ausgesetzt. U. a. wird dem Verlag vorgeworfen eigene Open-Access-Artikel zu verkaufen und damit die freie Zugänglichkeit der eigentlich offenen Publikationen zu unterlaufen. Siehe dazu ausführlich die Dokumentation des britischen Chemikers Peter Murray-Rust.

In diesem Kontext auch der Hinweis auf die laufende Online-Konsultation der Berlin-Brandburgischen Akademie der Wissenschaften zur Zukunft des wissenschaftlichen Publizierens.

Update, 27.03.14:

  • Eine englische Pressemitteilung der Universität Konstanz ist online.
  • Der Open-Access-Newsletter der Helmholtz-Gemeinschaft berichtet unter dem Titel „Triple Dipping: Elsevier verlangt Geld für den Zugang zu Open-Access-Artikeln eigener Zeitschriften“ über #Elseviergate. Einen weiteren Beitrag dazu gibt es in der Times Higher Education.

[via Ralf Toepfer]

„Die Zeit“ über Wissenschaft, Transparenz und Open Science

Die aktuelle Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ befasst sich unter dem Motto „Rettet die Wissenschaft“ mit dem Themenfeld Wissenschaft und Transparenz. Die Beiträge sind auch online frei zugänglich. (Danke an Thomas Hapke für den Hinweis.)

  • Rettet die Wissenschaft!: Gefälschte Forschungsergebnisse, gekaufte Wissenschaftler, Plagiate und Pannen im Labor – die Wissenschaft stand schon besser da. Zeit für einen fundamentalen Umbruch.“ Von Stefan Schmitt und Stefanie Schramm.
  • Signifikanter Unsinn: Viele glauben, ein signifikantes Forschungsergebnis sei mit hoher Wahrscheinlichkeit korrekt. Ein Denkfehler, der schwachen Ergebnissen zu viel Gewicht verleiht.“ Von Christoph Drösser.
  • „‚Die Folgekosten können hoch sein‘: Jürgen Zöllner kennt den Forschungsbetrieb als Mediziner, Minister und Manager. Der SPD-Politiker fordert eine neue Transparenz für die Wissenschaft.“ Von Martin Spiewak. U.a. mit der schönen Frage: „Haben Sie die Originaldaten Ihrer eigenen Doktorarbeit noch?“

In diesem Zusammenhang sei auch auf den „Open Research Data Piloten“ in Horizon 2020 hingewiesen. Die EU-Kommission hat Ende 2013 zwei Leitfäden zum Thema veröffentlicht:

  • Guidelines on Data Management in Horizon 2020 (PDF)
  • Guidelines on Open Access to Scientific Publications and Research Data in Horizon 2020 (PDF)

Siehe hierzu auch die Beiträge im Helmholtz Open Access Newsletter und auf KoWi.de. Bei der Suche nach einem geeigneten Ort zur Speicherung der Forschungsdaten hilft ein Klick auf re3data.org  – Registry of Research Data Repositories. Über die Hintergründe dieses DFG-Projektes, in das ich involviert bin, habe ich im letzten Jahr einen Beitrag für den PLOS Tech Blog geschrieben.

Zuletzt noch der Hinweis auf das neue Open-Science-Buch von Sönke Bartling (DKFZ) und Sascha Friesike (HIIG). Das Buch ist 2014 bei Springer erschienen. Der Titel lautet „Opening Science – The Evolving Guide on How the Internet is Changing Research, Collaboration and Scholarly Publishing“. Die beteiligten Autorinnen und Autoren beschreiben Wege, Herausforderungen und Chancen auf dem Weg zu einer offeneren Wissenschaft. Natürlich sind die Beiträge frei zugänglich.

 

Große Koalition kündigt umfassende Open-Access-Strategie an

Erfreulicherweise wollen CDU, CSU und SPD in dieser Legislaturperiode wichtige Rahmenbedingungen für einen zeitgemäßen Umgang mit wissenschaftlicher Information schaffen. Im heute vorgestellten Koalitionsvertrag (PDF) heißt es:

„Wir werden den wichtigen Belangen von Wissenschaft, Forschung und Bildung stärker Rechnung zu tragen und eine Bildungs- und Wissenschaftsschranke einführen.“

Das Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft bewertet diese Aussage in einer Pressemitteilung als „vielversprechend“, mahnt jedoch zugleich eine „tatsächlich bildungs- und forschungsfreundlich’“ Umsetzung der nötigen Regelungen im Urheberrechtsgesetz an. Bereits 2010 hat das Aktionsbündnis einen Entwurf für eine „allgemeinen Wissenschaftsschranke“ vorgelegt, der die „bisherigen kleinteiligen und höchst komplizierten Schrankenlösungen“ in einem Paragraphen bündelt.

Auch will die Koalition prüfen, „ob den öffentlichen Bibliotheken gesetzlich das Recht eingeräumt werden sollte, elektronische Bücher zu lizenzieren.“ Darüber hinaus soll auf europäischer Ebene für den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für elektronische Medien geworben werden.

Weiter schreiben sich CDU, CSU und SPD die Förderung des offenen Zugangs zu wissenschaftlichen Publikationen und Forschungsdaten auf die To-Do-Liste:

„Wir werden eine umfassende Open Access Strategie entwickeln, die die Rahmenbedingungen für einen effektiven und dauerhaften Zugang zu öffentlich finanzierten Publikationen und auch zu Daten (open data) verbessert.“

Durch ein Förderprogramm sollen der “Aufbau, der Ausbau und die koordinierte nationale, europäische und internationale Vernetzung von offenen (Forschungs-)Datenbanken, Repositorien und Open-Access-Zeitschriften der Forschungseinrichtungen und der Hochschulen“  vorangetrieben werden.

Optimistisch stimmt der Blick auf  das Themenfeld „Digitalisierung und Infrastruktur in der Wissenschaft“. Der Umgang mit Forschungsdaten soll verbessert werden. Dazu heißt es im Koalitionsvertrag:

„Wir werden eine Strategie für den digitalen Wandel in der Wissenschaft initiieren, zum Beispiel um Zugang und Nutzbarkeit von komplexen Forschungsdaten zu verbessern. Gemeinsam mit den Ländern werden wir einen Rat für Informationsinfrastrukturen gründen, in dem sich die Akteure des Wissenschaftssystems über die Erarbeitung disziplinen und institutionenübergreifender Strategien und Standards verständigen. Zudem wollen wir virtuelle Forschungsumgebungen stärken, die es Forscherinnen und Forschern erlauben, mithilfe digitaler Medien über disziplinäre, institutionelle und geografische Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten und daraus auch neue Forschungsmethoden und -gegenstände zu entwickeln.“

Die  Einrichtung eines Rates für Informationsinfrastrukturen wurde erst letzte Woche durch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) beschlossen.

Auch der nationalen „Roadmap-Prozess für große Forschungsinfrastrukturen“ soll unter „unter Berücksichtigung neuer Kooperationsmöglichkeiten zwischen Bund und Ländern “ fortgesetzt werden.

Im Bereich der digitalen Wissenschaft soll  die „Forschungs- und Innovationsförderung für ‚Big Data’ auf die Entwicklung von Methoden und Werkzeugen zur Datenanalyse“ ausgerichtet werden. Weiter soll ein mit „öffentlichen Mitteln finanziertes Internet-Institut“ geschaffen werden.

Fazit: Es wird spannend welche konkreten Maßnahmen bis 2017  folgen werden.  Zu hoffen ist, dass die angesprochen Themen rasch und mutig im Sinne der Wissenschaft umgesetzt werden.

Bund und Länder richten „Rat für Informationsinfrastrukturen“ ein

Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat am 22. November 2013  die Einrichtung eines Rates für Informationsinfrastrukturen beschlossen. Die Einsetzung des Gremiums geht auf eine Empfehlung des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2012 zurück.

Auszug aus der Pressemitteilung (PDF) der GWK:

„Um die vorhandenen vielfältigen Aktivitäten in diesem Bereich besser aufeinander abzustimmen und sie miteinander zu verzahnen, hat die GWK heute beschlossen, einen Rat für Informationsinfrastrukturen zunächst als vierjähriges Pilotprojekt einzurichten. [..] Der Rat soll sich auf der Systemebene den strategischen Zukunftsfragen dieses Wissenschaftsbereiches widmen, die Selbstorganisationsprozesse in der Wissenschaft stärken und Möglichkeiten zur Kooperation von Einrichtungen/Initiativen ausloten. Er wird Wissenschaft und Politik in Fragen der Weiterentwicklung der Informationsinfrastrukturen beraten. Dem 24-köpfigen Gremium sollen sowohl Nutzer und Betreiber von wissenschaftlichen Informationsstrukturen als auch öffentliche Zuwendungsgeber angehören. Die Finanzierung des Rates erfolgt gemeinsam durch Bund und Länder.“