Schweizer RSC Read-and-Publish-Agreement nun teilweise öffentlich

Nach dem Einreichen einer Rechtsverzögerungsbeschwerde ist die Universität Zürich endlich in die Gänge gekommen und legt nach einem Jahr (!) seit meiner Anfrage, endlich eine erste Version des 32-seitigen RSC-Vertrag mit einigen Schwärzungen offen.

Zurück auf Start – Preise sind nun wieder Geschäftsgeheimnisse

Die meisten Schwärzungen sind mit ihrer Begründung verständlich und akzeptierbar. Doch ausgerechnet bei den Preisen der einzelnen Institutionen, stellen sich nun wieder die Bibliotheken quer:

Nur Abos: Lib4Ri, Uni Fribourg und Fachhochschulen
Read & Publish: ETHZ, Universitäten Basel, Zürich, Genf, Bern

Die UZH schreibt in ihrer Begründung trotzig:

Mit der Offenlegung des zu zahlenden Gesamtbetrages wird dem Öffentlichkeitsprinzip ausreichend Rechnung getragen.

Natürlich tut es das nicht. Bei der ETHZ, Lib4RI und den Universitäten Bern, Genf, Fribourg, Zürich ist durch vergangene Rechtsentscheide klar, dass die Endpreise pro Institution offengelegt werden müssen. Von Bern habe ich die Zahlen inzwischen via direkter Anfrage auch erhalten. Einzige Ausnahme ist die Universität Basel, bei dem das durch das Bundesgericht gestützte Urteil des Appellationsgericht Basel-Stadt von 2016 diese Offenlegung bei Elsevier, Wiley und Springer verneinte.

Vermutlich stellt gerade die Anomalie der UB Basel die anderen Bibliotheken und die UZH vor ein Dilemma. Legen sie ihre Preise rechtskonform offen, wird indirekt wegen der vorliegender Darstellung auch bekannt, was die UB Basel bezahlt. Dadurch wird offensichtlich, dass sich die Gerichte in Basel die Konsequenzen einer Offenlegung völlig falsch eingeschätzt haben. Doch wer ist bereit dies offen zuzugeben und zu korrigieren?

Immerhin gab es vor kurzem in sui generis eine Auseinandersetzung zum Bundesgerichtsurteil im Falle Basel, die zum Ergebnis kommt, dass daraus hinsichtlich der Rechtsprechung beim BGÖ nichts abzuleiten sei.

Verhältnis zwischen Read & Publish ein Geschäftsgeheimnis?

Ein anderer Teil der Schwärzungen wurde wegen RSC vorgenommen. RSC wehrt sich gegen die Bekanntgabe des Verhältnis zwischen Read and Publish am Total der einzelnen Institutionen:

Mit Bekanntgabe der einzelnen Kostenpositionen wäre die Preiskalkulation des RSC-Verlages nachvollziehbar. Dies hätte zur Folge, dass das Preis-Leistungsverhältnis ableitbar ist und Rückschlüsse auf die Preis- und Rabattpolitik des RSC-Verlages möglich sind. Dies kann zu einem Wettbewerbsnachteil führen. Angaben zur Preiskalkulation fallen unter das Geschäftsgeheimnis. Die Offenbarung dieser Tatsache ist geeignet, die Stellung im Wettbewerb zu verschlechtern.

Ob es sich bei den einzelnen Spalten von Publish und Read tatsächlich um berechtigte Geschäftsgeheimnisse von RSC handelt, wird nun in einem weiteren Verfahrensschritt die Rekurskommission der Zürcher Hochschulen beantworten müssen.

Ich finde es absurd von einem Wettbewerb und folglich von einem Wettbewerbsnachteil zu sprechen, wenn man weiss, dass RSC den 816k CHF Auftrag vom Konsortium freihändig und ohne Ausschreibung erhalten hat. Im Gegenteil. Die Verknüpfung von Read and Publish stellt vielmehr selbst eine Wettbewerbsverzerrung statt, die OA-Verlage von einem möglichen Wettbewerb von Publikationsdienstleistungen ausschliesst. Der Vorwurf, dass solche Read-and-Publish Agreements gegen das Beschaffungsrecht verstossen könnten, würde eine genauere Untersuchung verdienen.

Dilettantische Arbeit der Universität Zürich verzögert Offenlegung des RSC-Vertrages

Im Februar 2019 habe ich bei der Universität Zürich per Öffentlichkeitsgesetz Zugang zu dem „Read & Publish Agreement“ von RSC nachgefragt. Die Universität Zürich verzögerte die Antwort bis weit über die gesetzlichen Fristen, nur um dann die Einsicht letztlich gänzlich zu verwehren. Gegen diesen Ablehnung habe ich bei der Rekurskommission der Zürcher Hochschulen Beschwerde eingelegt.

Nun lieg ein Zwischenentscheid der Rekurskommission vor. Obwohl mein Rekurs gutgeheissen wird, ist leider wohl noch lange nicht mit einer Offenlegung zu rechnen. Die Rekurskommission anerkennt zwar an, dass es der Universität Zürich im Verfahren nicht gelungen ist, aufzuzeigen weshalb im Sinne des Öffentlichkeitsgesetzes der Vertrag nicht zugänglich gemacht werden kann:

Vorliegend wurden von der Rekursgegnerin [Universität Zürich] keine spezifizierten, auf einzelne Vertragselemente bezogenen, substantiierten öffentliche und/oder private Interessen vorgebracht.

Dennoch sieht sich die Rekurskommission selber nicht in der Lage, als Konsequenz daraus die Offenlegung anzuordnen:

Der Inhalt des – der Rekurskommission vorliegenden – Vertrages ist ausserordentlich fachspezifisch und übersteigt das fachliche Know-how der Rekurskommission. Es ist zudem nicht Aufgabe der Rekurskommission, die allfälligen öffentlichen und/oder privaten Interessen der Rekursgegnerin [UZH] bzw. des RSC-Verlages in dem Vertragswerk zu eruieren. Die Aufgabe der Rekurskommission ist es, bei Uneinigkeit der Parteien die von der Rekursgegnerin substantiiert geltend gemachten öffentlichen und/oder privaten Interessen der Rekursgegnerin bzw. des RSC-Verlages gegen das öffentliche Interesse an der Einsichtnahme in den Vertrag abzuwägen und zu entscheiden, welches Interesse überwiegt.

Sie gibt deshalb die Angelegenheit nochmals an die Universität Zürich zurück und weist diese an, den RSC-Vertrag grundsätzlich zu edieren und an konkreten Passagen zu begründen, weshalb der Zugang nicht gewährt werden kann.