Twitter, Wikipedia und ihr Potential für die Wissenschaft

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, auf die unten genannten Veröffentlichungen einmal genauer einzugehen, dummerweise fehlt mir im Endsemesterstress momentan jedoch einfach die Zeit. Aber der interessierte Leser kann sich dank Open Access selbst ein Bild machen: Michael Nentwich, Renê König und Axel Kittenberger (Institut für Technikfolgenabschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften), Jana Herwig (Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien) und Jan Schmirmund (Zentrum für Medien und Interaktivität, Universität Gießen) haben Wikipedia und Twitter im Hinblick auf ihr Potential für den Einsatz in wissenschaftlichen Kontexten untersucht und dabei viel Spannendes herausgefunden.

Wissenschaft in Wikipedia und anderen Wikimedia-Projekten. Steckbrief 2 im Rahmen des Projekts Interactive Science ITA-Reports. Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA). Wien, ITA (2009) <http://epub.oeaw.ac.at/ita/ita-projektberichte/d2-2a52-2.pdf> [M. Nentwich, R. König].

Microblogging und die Wissenschaft. Das Beispiel Twitter. Steckbrief 4 im Rahmen des Projekts Interactive Science ITA-Reports. Institut für Technikfolgen-Abschätzung. Wien, ITA: 56 (2009) <http://epub.oeaw.ac.at/ita/ita-projektberichte/d2-2a52-4.pdf> [M. Nentwich, J. Herwig, A. Kittenberger, J. Schmirmund ].

YouTube für Wissenschaftler

SciVee kann man getrost als YouTube für Wissenschaftler bezeichnen – eigentlich sogar als  „YouTube Enhanced“:  Wissenschaftler können Texte einstellen und ihre Thesen in einem Videovortrag darlegen, User können zu den Dokumenten und Videos Kommentare und Bewertungen verfassen – womit SciVee auch das Prinzip einer Open Review anwendet.  SciVee ging aus einer Kooperation der National Science Foundation, der Public Library of Science PLoS und dem San Diego Supercomputing Center hervor. Nähere Informationen dazu findet man in einem älteren Telepolis-Artikel: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26011/1.html

Weniger der Zirkulation neuer wissenschaftlicher Ideen als der Verbreitung audiovisueller Lehrmaterialien dient yovisto. Yovisto macht vorrangig Materialen deutsch- und englischsprachiger Universitäten entgeltfrei zugänglich, scheint aber auch für andere Initiativen offen: so finden sich neben den knapp  2.500 Videos der Berkeley University auch cirka 190 Vorträge des Chaos Communication Congress der Jahre 2007 bis 2009.

JISC-Studie zum Thema Open Science

Liz Lyon (University of Bath) hat einen spannenden Consultative Report für das Joint Information Systems Committee (JISC) zum Thema Open Science veröffentlicht:

Lyon, L.: Open Science at Web-Scale. Optimising Participation and Predictive Potential Consultative Report, 2009. Online.

Inhalt:

„This report has attempted to draw together and synthesise evidence and opinion associated with data-intensive open science from a wide range of sources. The potential impact of data-intensive open science on research practice and research outcomes, is both substantive and far-reaching. There are implications for funding organisations, for research and information communities and for higher education institutions.“

In der Zusammenfassung werden sechs „Consultation Challenge“ benannt, die zentrale Herausforderungen im Themenfeld Open Science beschreiben:

1. Scale, Complexity and Predictive Potential
2. Continuum of Openness
3. Citizen Science
4. Credentials, Incentives and Rewards
5. Institutional Readiness and Response
6. Data Informatics Capacity and Capability

Besonders interessant ist dabei der Fokus auf dem Thema „Citizen Science“.

Frage an die Leserinnen und Leser: Gibt es bereits eine Zusammenfassung deutscher „Citizen Science“ Programme?

Data Publishing – ein kleiner Leitfaden

Erik Wilde, Eric Kansa und Raymond Yee von der UC Berkeley School of Information beschreiben in ihrem Bericht Web Services for Recovery.gov eine sinnvolle Architektur um Daten online zu publizieren.

Durch seine Beschraenkung auf die wichtigsten Architekturmerkmale, Orientierung an der Realitaet und gute Lesbarkeit ist dieser Bericht als Leitfaden fuer alle zu empfehlen, die mit Projekten im Bereich data publishing befasst sind. Dass das Atom Publishing Protocol in dieser Architektur eine zentrale Rolle spielt, scheint angesichts seiner Verbreitung und Flexibilitaet wenig verwunderlich.

Via inkdroid.

ERAB über E-Science und Open Access

Der Beirat für den Europäischen Forschungsraum (ERAB) greift in seinem „First Report of the European Research Area Board“ Themenfelder der Wissenschaftskommunikation auf.

In der Publikation „Preparing Europe for a New Renaissance – A Strategic View of the European Research Area“ (PDF) werden die Themen Open Access, E-Science und Science 2.0 thematisiert.

Im Kapitel 3 „An ERA based on a shared responsibility between science, policy and society“ wird Open Access als ein Milestone genannt (S. 18):

All outputs of public, non-military funded research will be available via ‘open access’ to all concerned and interested.

Im Kapitel 5 „An ERA to deliver excellence“ werden unter dem  Stichwort E-Science die Herausforderungen im Umgang mit Forschungsdaten aufgriffen. Weiter wird auch der Terminus Science 2.0 erwähnt (S. 25).

The changing internal dynamics of science challenge the way we reward excellence. ‘E-science’ transforms how researchers gather data, store them, search them, share them and publish them. Efficiency rises and simulation becomes routine. Science 2.0 is already a term coined, by analogy to the social networking methods of Web 2.0, to describe this new scientific revolution. At the same time, the provenance and curation of data is already becoming a major issue. The questions, ‘Who holds the truth in a virtual research environment?’ and, ‘How to determine excellence in an environment of abundance (of data, researchers, publication outlets, etc.)’ imply an ever-greater need for an ethical charter that binds researchers to a common set of principles.

Das Thema E-Science wird auch im Kapitel 2 „An ERA driven by societal needs“ behandelt. Hier wird die Bedeutung von E-Science-Werkzeugen in einem Milestone festgehalten (S. 16):

The tools of ‘e-science’ are deployed throughout the ERA, permitting international collaboration so that all researchers will see themselves as part of the global research system.

ERAB ist das Nachfolgegremium des Europäischen Forschungsbeirats (EURAB). ERAB wurde von der Europäischen Kommission 2008 ins Leben gerufen. Der ERAB berät die Kommission bei der Gestaltung des Europäischen Forschungsraums.

European Research Area Board: Preparing Europe for a New Renaissance. A Strategic View of the European Research Area. First Report of the European Research Area Board, 2009. Online.

RIN/JISC-Studie zum wissenschaflichen Publikationsverhalten

Das Research Information Network (RIN) und das Joint Information Systems Committee (JISC) haben eine lesenswerte Studie zum wissenschaftlichen Publikationsverhalten in Großbritannien veröffentlicht: Communicating knowledge. How and why UK researchers publish and disseminate their findings (Website).

Die Studie widmet sich folgenden drei Themenfeldern (S. 9):

1. Publication and dissemination behaviour
2. Citation behaviour
3. The perceived influence of research assessment (past and anticipated)

Die Ergebnisse der Studie werden in vier Kernaussagen zusammengefasst:

1. Researchers need better guidance on the value of different communication channels

2. The attribution and listing of multiple authors varies widely between disciplines

3. Citation behaviour and motivations are related to research discipline and the researcher’s age or experience

4. The influence of the Research Assessment Exercise (RAE) is a major concern for researchers

Auch die Themen Blogging und Open Access werden unter die Lupe genommen:

Only a relatively small minority of researchers, however, as yet make much use of open access repositories, or of blogs, wikis and other web-based tools to publish and disseminate their work. For those who do use open access repositories, it is notable that the key influences are the desire to reach key audiences speedily: funder requirements have relatively little influence. (S. 42)

Eine Zusammenfassung der Studie gibt es auch als Podcast.

Deutsche Hochschulen auf Twitter

Cornelius Puschmann hat mit seinem Beitrag „Die Universität Düsseldorf auf Twitter“ bereits das Themenspektrum dieses Blogs von dem Feld „scholarly communication“ hin zu „science communication“ erweitert. Ich führe diese Öffnung fort und greife das Thema Hochschulen auf Twitter auf.

Während US-amerikanische Hochschulen schon seit langem „zwitschern“, scheint sich Twitter nur langsam an deutschen Hochschulen zu etablieren. Auf Uni-Versum, einem Blog der Wirschaftswoche, hat Daniel Rettig im April eine Zusammenstellung deutscher twitternder Hochschulen veröffentlicht. Ich habe diese Liste nun etwas erweitert.

Eine kurze Fallstudie zur Twitter-Nutzung der großbritannischen Sussex University zeigt die vielfältige Nutzung von Twitter im hochschulischen Umfeld. Neben einem offiziellen Account der Hochschule gibt es weitere Accounts verschiedener Fachbereiche und Bibliotheken.

Eine vollständige Liste „zwitschernder“ Hochschulen in Deutschland kann hier nicht gegeben werden. In der folgenden Liste sind lediglich die mir bekannten „offiziellen“ Accounts genannt:

Auf die Auflistung einzelner Fachbereiche oder Infrastruktureinrichtungen, die Twitter nutzen, habe ich hier verzichtet.  Diese machen jedoch die Masse der Hochschul-Accounts aus. Bestes Beispiel ist die RWTH Aachen. Während meines Wissens die Hochschule selbst über keinen offiziellen Account verfügt, „zwitschern“ die Mensen und Cafeterien (z.B. rwthCafete2 und rwthMensa7) sowie der Studiengang Technik-Kommunikation.

Die Authentizität der Twitter-Accounts ist häufig eher schwer einzuschätzen. Während z.B. der Account der Universität Duisburg-Essen von der dortigen Pressestelle betreut wird, werden für die Mehrheit der Accounts keine Ansprechpartner genannt. (Eine zukünftige Lösung könnte hier ggf. ein Twitter Verified Account bieten.)

Im Falle der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (siehe dazu den Beitrag von Cornelius Puschmann) und der Hochschule der Medien Stuttgart werden die Accounts von Studenten betrieben. An der Hochschule der Medien werden die Tweets der Studenten aggregiert und über den Account hdmstuttgart als Tweet versendet (siehe die „Anleitung“ dazu). Auch hinter dem Account der Fachhochschule Köln steckt ein Aggregator. Hier die Liste der „inoffiziellen“ Twitter-Accounts:

Vielleicht kann hier eine Liste der „offiziellen“ Accounts entstehen? Hinweise auf weitere Accounts sind in den Kommentaren willkommen.

[Grafik: Matt Hamm]

Erste Meinungen zu Google Wave als Wissenschaftstool

SciFoo-Teilnehmer Martin Fenner hat in seinem Blog einen interessanten Beitrag zu Google Wave als Werkzeug in der Wissenschaftskommunikation, sowie Links zu Beiträgen anderer Wissenschaftler. Wir bleiben gespannt auf Wave und schreiben uns SciFoo 2010 schon einmal groß in den Terminkalender.

Deutschsprachige Blogs zum Thema Open Access

Im Folgenden soll ein Verzeichnis deutschsprachiger Blogs und Nachrichtenangebote entstehen, die sich – auch abseits des Heidelberger Appells – regelmäßig mit dem Themenfeld Open Access befassen.

Hinweise auf weitere Blogs und Nachrichtenangebote sind in den Kommentaren willkommen.

1. Blogs

Archivalia: Seit 2003 existierendes Gemeinschaftsblog zum Thema Archivwesen. In der Rubrik Open Access bloggt Klaus Graf rund um das Thema. Link: Rubrik Open Access

IBI-Weblog: Das Weblog des Instituts für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin informiert seit 2003 über aktuelle Entwicklungen aus dem bibliothekarischen Feld und angrenzenden Themengebieten. Auch über Open Access wird gebloggt. Link: Kategorie Open Access

Infobib: Das Gemeinschaftsblog Infobib existiert seit 2006. In der Kategorie Open Access informiert meist Christian Hauschke zum Thema. Links: Rubrik Open Access

IUWIS-Webblog:  Das 2009 gestartete DFG-geförderte Projekt „Infrastruktur Urheberrecht für Wissenschaft und Bildung“ widmet sich dem Aufbau einer Informationsplattform zu urheberrechtlichen Rahmenbedingungen für Wissenschaft und Bildung. Das Blog des Projektes befasst sich auch mit Open Access. Link: Thema Open Access

Medinfo: 2004 gestartetes Gemeinschaftsblog, welches sich mit dem Informationswesen in der Medizin befasst. Speziell Oliver Obst bloggt über das Thema Open Access. Link: Kategorie Open Access

Netbib-Weblog: Seit 2002 widmet sich das Gemeinschaftsblog bibliothekarischen Themen. Dabei wird auch das Themenfeld Open Access behandelt. Link: Kategorie Open Access

Open-Access-Netzwerk: Das von der DFG geförderte Projekt Open-Access-Netzwerk (OA-Netzwerk) bloggt seit 2009. Das Blog informiert über Hintergründe und aktuelle Entwicklungen aus dem Projekt. Link: Blog

Wissenschaftsurheberrecht: Blog von Eric W. Steinhauer, das sich seit 2008 mit dem Themenfeld Urheberrecht in der Wissenschaft befasst. Die Beiträge berühren häufig Open Acces relevante Themen. Einige weitere Beiträge des Autors zu Open Access finden sich in dessen weiterem Blog Skriptorium (Tag: Open Access). Link: Tag Open Access

Wisspub.net: 2009 gestartetes Gemeinschaftsblog zum Thema Wissenschaftskommunikation, welches auch das Thema Open Access behandelt. Link: Kategorie Open Access

Zugang zum Wissen Journal: Seit 2006 bloggt Eberhard R. Hilf über Open Access. Link: Blog

2. Newsletter und andere Nachrichtenangebote:

Deutsche Initiative für Netzwerkinformation (DINI): Die DINI-Website informiert über aktuelle Entwicklungen im Feld der wissenschaftlichen Informations- und Kommunikationstechnologie und angrenzende Felder, so auch über Open Access. Link: Nachrichten

Helmholtz Open Access Newsletter: Seit 2006 informiert der Newsletter über Open Access. Herausgeber ist das Open Access Projekt der Helmholtz-Gemeinschaft. Links: Newsletter

Informationsplattform open-access.net: Die DFG-geförderte Informationsplattform informiert seit 2007 umfassend über das Thema Open Access. Aktuelle Nachrichten zum Thema sind unter dem Menüpunkt News zu finden. Links: News

[Grafik: francescopozzi]

Video Abstracts – neue Kanäle der Wissenschaftskommunikation?

Angeregt durch einen Beitrag von Gavin Baker über Quantiki Video Abstracts in den Open Access News habe ich mich etwas näher mit der Audiovisualisierung wissenschaftlicher Zeitschriftenaufsätze befasst.

Das Konzept des so genannten Video Abstracts ist simpel: In einem kurzen Videobeitrag stellt ein Autor einen von ihm verfassten Artikel vor. Falls der Zuschauer den Beitrag als relevant einstuft, hat er die Möglichkeit den Volltext in aller Ausführlichkeit zu studieren.

John F. Kuemmerle, Online-Editor der Zeitschrift Gastroenterology der American Gastroenterological Association (AGA) betont das Potenzial des Video Abstracts. Dieser, so Kuemmerle, biete u.a. die Chance die Motivation eines Wissenschaftlers an seiner Forschungsarbeit zu beschreiben. So fördert der Video Abstract die Möglichkeit, jenseits der häufig engen Autoren-Richtlinien, bestimmte Aspekte einer Forschungsarbeit zu betonen. Typisch für den Video Abstract ist die Verwendung von Folien, Tafeln und anderen Hilfsmittel, welche z.B. dazu dienen Formeln oder Grafiken darzustellen.

Im YouTube Channel der AGA, der seit Mitte Februar 2009 existiert und als Plattform für die Video Abstracts der beiden Zeitschriften der AGA Clinical Gastroenterology and Hepatology und Gastroenterology genutzt wird, sind bereits 5 Video Abstracts online (Stand: 21.05.2009). In der Beschreibung der Videos wird auf den jeweiligen Artikel gelinkt.

Ein weiteres Beispiel ist die Elsevier-Zeitschrift Journal of Number Theory: Auch hier werden die Video Abstracts über einen YouTube Channel publiziert. Der Channel startete im April 2008. Bereits 19 Video Abstracts stehen dem Zuschauer zur Verfügung (Stand: 21.05.2009). Auch hier wird in der Beschreibung eines Videos auf den jeweiligen Artikel gelinkt. Interessant ist, dass wiederum auch im Abstract der Aufsätze auf ScienceDirect auf den jeweiligen Video Abstract verwiesen wird (Beispiel).

An der ETH Zürich wird das Konzept des Video Abstracts von dem Lehrstuhl für Strategisches Management und Innovation unterstützt. Angehörige des Lehrstuhls präsentieren ihre Papers auf einer Webseite des Instituts. Leider sind, außer Angaben zu Titel und Autor, keine bibliographischen Daten zu den jeweiligen Publikationen vorhanden, so dass der Zuschauer selbst nach der vorgestellten Publikation recherchieren muss.

Ein weiteres Beispiel ist Quantiki, einem Wiki für Physiker. In diesem werden die Video Abstracts nutzerfreundlich präsentiert: Per arXiv-ID ist der unkomplizierte Zugriff auf die Open-Access-Publikationen möglich.

Die Beispiele zeigen, dass der Video Abstract interdisziplinär die Chance bietet wissenschaftliche Inhalte audiovisuell zu vermitteln. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielseitig. Abzuwarten bleibt, ob in Zukunft auch Verlagsplattformen eigene Tools zur Erstellung von Video Abstracts bereitstellen. Die bisherigen Video Abstracts lassen auf eine spannende Entwicklung schließen.