Einen interessanten Beitrag zu diesem Thema hat Anita Bader vom Forschungsverbund Interactive Science gebloggt. Sie geht darin der Frage nach, ob neue Dienste wie Sciencefeed die altehrwürdige Mailinglist bald ablösen könnten:
Was geschieht denn eigentlich wenn zwei oder mehrere Formate Ähnliches zu leisten versuchen? Welche Auswirkungen haben solche Konkurrenzfälle auf die „älteren” Formaten, die bisher für diese Zwecke genutzt wurden? Werden sie einfach von den neueren und innovativeren Formaten abgelöst und sterben aus?
Einen ganz so simplen „Verdrängungswettbewerb“ zwischen unterschiedlichen Formaten erkennt Bader aber nicht. Tatsächlich ändern sich die Funktionen, die unterschiedliche Formate übernehmen:
Beispiele, bei denen wir einen Nutzungsrückgang beobachten können, der möglicherweise auf das Hinzutreten eines neuen Formats zurückzuführen ist, gibt es zweifellos. Trotzdem – ganz so einfach wie in Kellys Hypothese scheint es bei genauerer Betrachtung doch nicht zu sein. Denn es gibt durchaus auch Beispiele, in denen die Malinglists alles andere als auszusterben scheinen. Stattdessen können wir dort andere interessante Entwicklungen beobachten.
Als Beispiel zieht Bader den in der Sprachwissenschaft sehr populären Dienst LINGUIST List heran, bei dem sich ein Wandel vom Diskussionsforum zu einer Art wissenschaftlichen Nachrichtendienst vollzogen hat:
Anstelle von Diskussionsbeiträgen werden jetzt fast nur Beiträge mit Service-Charakter über die Liste verschickt, also Stellenausschreibungen, Tagungsankündigungen, Call for Papers, Rezensionen und Ähnliches. Es hat sich also in diesem Fall ein Funktionswandel vollzogen: Die Liste hat sich von einer Diskussions- und Serviceliste zur fast reinen Serviceliste entwickelt. (Im Gegensatz dazu gibt es aber auch durchaus noch Listen, in denen sehr lebhafte Diskussionen geführt werden und über die dagegen nur ganz selten Service-Beiträge verschickt werden, wie z.B. die Luhmann-Liste, Shakesper oder die Argthry-List.)
Interessant an dieser Formalisierungstendenz (von „offenen“ Diskussionen und spontanen Beiträgen hin zu Meldungen mit einer zumeist relativ starren Form) finde ich die Tatsache, dass sich eine ähnliche Entwicklung ja auch bei wissenschaftlichen Journals vollzogen hat. Die frühen Beiträge in den Proceedings der Royal Society hatten eher den Charakter von persönlichen Briefen und wurden erst mit der Zeit immer stärker formalisiert, bis hin zum modernen scientific paper.
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